Ein Jahr Regierung Berger: Kritik der Zivilgesellschaft
Fijáte 325 vom 29. Dez. 2004, Artikel 4, Seite 3
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Ein Jahr Regierung Berger: Kritik der Zivilgesellschaft
Guatemala, 10. Dez. Die Evaluation der Organisationen der Zivilgesellschaft nach einem Jahr Präsidentschaft von Oscar Berger und seiner Regierungskoalition GANA ist ernüchternd: Keinerlei Fortschritt in der Agrarfrage, eine miserable Politik in Sachen Sicherheit und wenig Aufmerksamkeit gegenüber den unterdessen auf über 490 angestiegenen Morden an Frauen. VertreterInnen der Plataforma Agraria (PA), dem Kollektiv sozialer Organisationen (COS) und dem Frauensektor diskutierten unter dem Titel ,,Haben wir wirklich alle gewonnen?" (in Anspielung auf den Wahlslogan von Berger ,,mit der GANA gewinnen alle") dessen im Jahr 2004 veranlassten politischen Massnahmen. Clara Arenas von der Plataforma Agraria bedauerte, dass bis dato noch keine klaren Linien in Sachen Landproblematik auszumachen sind. Z.B. habe die Regierung ihr Versprechen nicht eingehalten, den von der Kaffeekrise betroffenen Familien die Summe von insgesamt 46 Mio. Quetzales zur Verfügung zu stellen, um Land für die Selbstversorgung zu pachten. Für das nächste Jahr fordert die PA, dass die Vorschläge der Zivilgesellschaft berücksichtigt werden, wie z.B. das Dokument der Plataforma, ,,Abriendo Brechas", das nebst umfassenden Vorschlägen für die Lösung der ruralen Problematik auch das Thema Frauen und Land berücksichtigt, also eine Genderperspektive enthält. Das Komitee der BäuerInneneinheit (CUC) informierte, dass 55 Personen der Gemeinde Cubilguitz, Alta Verapaz, juristisch verfolgt würden wegen ihres Kampfes um die Einhaltung ihrer Arbeitsrechte beim Unternehmen Desarollo Agropecuario del Norte S.A. Weitere 55 ArbeiterInnen der Finca Dolores in der selben Gemeinde wurden Anfang dieses Jahres entlassen, ohne dass der Arbeitgeber ihnen bisher Entschädigungsleistungen gezahlt hat. Das CUC fordert die Annahme des Katastergesetzes durch den Kongress sowie die Annulation aller Haftbefehle gegen sich exponierende BäuerInnenvertreterInnen. Ebenfalls für das Departement Alta Verapaz fürchtet die BäuerInnenorganisation CONIC über die Weihnachtstage die Räumung besetzter Fincas. Zum Thema Sicherheit äusserte sich Jorge Arreaga von Seguridad Democrática (SEDEM) und meinte, gewonnen habe man in diesem Jahr wohl eher ein allgemeines Gefühl der Unsicherheit. Weiter bedauerte er, dass es an politischem Willen fehle, um die Kommission zur Untersuchung illegaler Strukturen (CICIACS) einzusetzen. Die Myrna Mack-Stiftung (FMM) weist in ihrem Jahresrückblick darauf hin, dass die vom Innenministerium durchgeführten Massnahmen zur Bekämpfung der Gewalt im Giesskannenprinzip durchgeführt würden, entsprechend nicht gegriffen und vor allem keine längerfristige Strategie verfolgt hätten. Nach oben |
Erinnert wird an die kombinierten Patrouillen von Militär und Polizei, das Gesetz zum Verbot von Alkoholverkauf nach Mitternacht, die bewaffnete Begleitung von Stadt- und Überlandbussen etc. Weiter weist die FMM auf interne Probleme im Innenministerium hin, z.B. auf die nicht sehr vertrauenserweckende Polizei, deren Mitglieder oftmals selber in Gewaltoder Korruptionstaten verwickelt sind. Besorgniserregend ist für die Stiftung auch die Zunahme von Drohungen gegen MenschenrechtsaktivistInnen. Spezielles Augenmerk im Zusammenhang mit dem Thema Sicherheit verlangen sicher die bis Mitte Dezember auf 490 angestiegenen Morde an Frauen. Das bisher grausamste und die Bevölkerung aufschreckendste Verbrechen fand am 26. November statt, einen Tag nachdem die guatemaltekischen Frauenorganisationen anlässlich des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen der bisherigen Gewaltopfer gedenkt hatten: Einzelne Teile eines zerstückelten Frauenkörpers wurden am helllichten Tag an verschiedenen, stark frequentierten Orten der Hauptstadt aufgefunden. Während Frauenorganisationen die sofortige Untersuchung dieser Verbrechen fordern, tröstet Innenminister Carlos Vielmann damit, dass bereits 76 Verhaftungen durchgeführt worden seien und weitere 145 Verdächtige auf seiner Liste stünden. Von grundsätzlichen Lösungen, wie das Problem der Frauenmorde angegangen werden könnte, will Vielmann nichts wissen. Präsident Berger schaut unterdessen zuversichtlich ins kommende Jahr. Während einer Arbeitsreise in verschiedene Gemeinden des Departements Quiché versprach er, dass Problem der Unsicherheit vollständig zu lösen, die Gesundheit, die Bildung und den Lebensstandard der GuatemaltekInnen zu verbessern. Und überhaupt, werde ,,das Jahr 2005 ein historisches für Guatemala", so der Präsident. Worin das ,,historische" liegt, bleibt abzuwarten ... |
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