Minenbergbau umstritten
Fijáte 324 vom 15. Dez. 2004, Artikel 10, Seite 6
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Minenbergbau umstritten
Guatemala, 07. Dez. Aus dem geplanten 1. Nationalen Forum über Minen wurden zwei, da die Umweltorganisationen sich in dem von offizieller Seite organisierten Anlass zu wenig vertreten fühlten und kurzerhand eine Parallelveranstaltung organisierten. Dies zeigt einmal mehr, wie konträr sich die staatlichen und die zivilgesellschaftlichen Positionen gegenüberstehen. Ein "Dialog" fand in Form eines kurzen Besuchs des Energieministers beim Alternativforum statt, wo er sich bereit erklärte, die Argumente der GegnerInnen anzuhören. Die Regierung propagiert den Bergbau als einzig mögliche Quelle wirtschaftlichen Wachstums für die Region und somit fürs ganze Land und bezieht sich auf die Umweltverträglichkeitsprüfung des kanadischen Goldminenunternehmens Montana Exploradora, die in Sipacapa das Projekt Marlin betreiben will, als Nachweis der Unbedenklichkeit der Vorhaben. Deswegen kündigte Berger auch an, sich weiter für die Konzessionsvergabe einzusetzen, den Abbau von Erdöl eingeschlossen. Dieser steht derzeit in der Region ,,Cuenca Petén Sur" zur Disposition, die den Norden des Departements Alta Verapaz, Quiché und Huehuetenango bzw. den Westen des Petén und die Hügel samt Fluss Usumacinta im so genannten Becken ,,del Arco de La Libertad" einbezieht. Die in der Gegend lebende Bevölkerung, die von nationalen und internationalen Umweltorganisationen in ihrer Kritik gestärkt wird, ist ganz anderer Meinung. Sie weist darauf hin, dass beispielsweise in der Nähe der anvisierten Erdölfelder weitreichende Wasserquellen und die Gegend versorgende Flüsse liegen, die bei Aufnahme von Ölförderungsoperationen unweigerlich in Gefahr der Verschmutzung geraten. Im Tagebau des Goldabbaus wird der dafür notwendige Einsatz der hochgiftigen Blausäure Zyanid sowohl den Boden als auch die Luft der Region verschmutzen. Auch das Argument der Arbeitsplatzbeschaffung durch die Minenindustrie verliert in der Argumentation der GegnerInnen an Halt, würden doch an die lokalen Arbeitskräfte lediglich nicht-qualifizierte, jedoch schwere und gesundheitsschädigende Tätigkeiten übergeben und die Gemeinden durch den Import von externen Interessen und Fachkräften zerrüttet. Nach oben |
Ausserdem sei der Vergleich mit anderen Ländern unzulässig, denn dieser verschleiere die jeweiligen Realitäten. So basieren die positiven Bergbau-Erfahrungen, von denen der kanadische Botschafter aus seinem Land berichtet, auf der Voraussetzung, dass die dort aktiven Unternehmen in kanadischer Hand sind, in Guatemala dagegen bewerben sich transnationale Unternehmen um die Abbaukonzessionen. Von deren Gewinnen bleibt derweil gerade einmal 1% im Land. Im Moment ist die Explotation von 418 Minen geplant, davon 93 Goldminen. 260 Lizenzanträge sind eingereicht und warten auf ihre Bewilligung. Ein aktueller Reformvorschlag des so gut wie nicht existenten Minengesetzes sieht vor, diese Gewinnbeteiligung auf 10% zu erhöhen. Ein Grossteil davon sollte in die durch die Industrie betroffenen Departements fliessen, der Rest landesweit in soziale Infrastruktur investiert werden. Die Rechtsmodifikation würde zudem die gesetzliche Übernahme des von Guatemala ratifizierten Artikels 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) beinhalten, nach dem die in der Region der industriellen Operationen lebende Bevölkerung im Vorhinein konsultiert und an Planung und Gewinn zu beteiligen sind. Doch da die Kongresssitzungen, in denen Gesetze verabschiedet werden könnten, für dieses Jahr bereits vorbei sind, muss die Reform bis zum nächsten Jahr warten. Derweil können die Verantwortlichen die rechtliche Vakanz noch nutzen, wie es der Bürgermeister in Sololá zum Unmut der Bevölkerung jetzt tat, in dem er den Abriss der Fussgängerbrücke über die viel befahrene und unübersichtliche Kreuzung Los Encuentros genehmigte. Es wird vermutet, dass dies dem Zweck dienen soll, den 50-Tonnen-LKW freie Fahrt zu gewähren, um die für den Minenbergbau notwendigen schweren Maschinen nach Huehuetenango zu transportieren. Doch die Bevölkerung ist inzwischen landesweit sensibilisiert und demonstriert gegen den Machtmissbrauch der Regierung. Auch die Katholische Kirche unterstützt weiterhin und ohne Rücksicht auf Divergenzen mit dem Staat die protestierende Gesellschaft. |
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