Notizen aus dem Wahlkampf
Fijáte 192 vom 25. Aug. 1999, Artikel 10, Seite 6
Original-PDF 192 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 - 10 --- Nächstes Fijáte
Notizen aus dem Wahlkampf
Guatemala, 12. - 25. August. Nach mehreren Wochen interner Diskussionen und nachdem sich die Krise zwischen der Allianz Neue Nation (ANN) und der Demokratischen Front Neues Guatemala etwas beruhigt hat, halten beide Parteien ihre regionalen, departementalen und nationalen Versammlungen ab und geben die Listen ihrer KandidatInnen bekannt. Die Kandidaturen für den Kongress sehen im Fall der ANN folgendermassen aus: Die Nationale Liste wird von Alfonso Bauer Paíz, Generalsekretär der UNID, Pablo Ceto, Mitglied des Nationalen Komitees der URNG, und Rolando Morales, Generalsekretär der DIA, angeführt. Für die Hauptstadt erneuert Nineth Montenegro ihre Kandidatur, sowie neu der Schriftsteller und Maler Marco Augusto Quiroa, Jorge Luis Ortega und Otto Zeissig. Für das Departement Guatemala bewirbt sich der stellvertretende Generalsekretär der URNG, Carlos Gonzáles (alias Ricardo Rosales), der Menschenrechtsaktivist Orlando Blanco, sowie Luz Méndez und Alfredo de León. Für die verschiedenen Departemente kandidieren: Gregorio Chay (URNG) für Quiché, Pedro Pablo Plama Lau (URNG) für Escuintla, Cécar Montes (alias Julio César Macías/ UNID) für Suchitepéquez, Alberto Mazariegos (URNG) für Quetzaltenango, Alfonso Bravo (URNG) für San Marcos und Edgar Balsells (FDNG-ANN) für Alta Verapaz. Die Liste der Kandidaturen fürs Zentralamerikanische Parlament (PARLACEN) wird angeführt von Laura Franco (DIA), Aquiles Linares (UNID), Fermina López (URNG) und Víctor López (FDNG-ANN). Einen Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters der Hauptstadt hat die ANN nicht, sie unterstützt jedoch Alejandro Giammattei von der Nationalistischen Union (UN). Dies ist das erste Mal in der Geschichte Guatemalas, dass eine Partei den Kandiaten einer anderen Partei unterstützt. Catalina Soberanis Reyes und Juan León sind die Präsidentschafts- bzw. VizepräsidentschaftskandidatInnen der Demokratischen Front Neues Guatemala (FDNG). Laut dem Generalsekretär der Partei, Rafael Arriaga, will die FDNG damit beweisen, dass sie eine Partei ist, welche die Interessen der Indigenas ernst nimmt und in der Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen auch in der Praxis umgesetzt wird. Catalina Soberanis Reyes ist langjähriges Mitglied der Christdemokratischen Partei Guatemalas (DCG) und war eine Zeit lang Kongressvorsitzende. Die Kandidatur Soberanis wird vom stellvertretenden Generalsekretär der FDNG, Víctor López (der selber für die ANN kandidiert) angefochten. Laut Statuten der FDNG kann nur eine Person kandidieren, welche seit mindestens zwei Jahren Mitglied der Partei ist. Dies trifft auf Soberanis nicht zu. Juan León seinerseits ist Koordinator der Defensoría Maya und trat schon 1995 für die FDNG als Vizepräsidentschaftskandidat an. Nach oben |
Die Wahlpropaganda der ANN wurde am Wochenende des 14./15. August von einem für sieben Mitglieder der Partei tödlich verlaufenden Verkehrsunfall überschattet. Fünfzehn weitere Personen wurden verletzt. Der Unfall ereignete sich auf der Strasse zwischen Escuintla und Santa Rosa. Die Verunfallten befanden sich auf dem Heimweg von der Nationalversammlung der ANN. Sie waren alle Ex-KämpferInnen des Frente Santos Salazar und gehörten der Partei URNG an. Der Lenker des anderen in den Unfall involvierten Fahrzeuges beging Fahrerflucht. Die URNG wird eine Strafuntersuchung einleiten. Die Führung der ANN ehrte die Verstorbenen als "HeldInnen der Demokratie". Der Präsidentschaftskandidat der Republikanischen Front Guatemalas, Alfonso Portillo, ist laut eigenen Aussagen das Opfer einer Verleumdungskampagne geworden, welche aus Kreisen seiner politischen Gegner stamme. Ohne die Quellen bekanntgeben zu wollen, behauptete er, von einem Dreistufenplan zu wissen, der seine "physische Eliminierung" zum Ziel habe. In einem ersten Schritt werde versucht, seine Kandidatur zu verhindern, indem er mit dem Fall Moreno in Zusammenhang gebracht werde. Als zweites solle er juristisch als Amtsunfähig erklärt werden und als dritte Massnahme sei seine physische Eliminierung geplant. Die Mission der Vereinten Nationen für Guatemala (MINUGUA) gab bekannt, dass sie im laufenden Wahlprozess das Verhalten der staatlichen Institutionen überwachen werde. Damit entspricht die Organisation einer Anfrage seitens der obersten Wahlbehörde (TSE). MINUGUA nimmt Anzeigen und Informationen entgegen, speziell von Parteien und Privatpersonen, über Unrechtmässigkeiten, welche Angehörige der staatlichen Organe im Vorfeld der Wahlen begehen. Gemeint sind damit Einschüchterungen, Überschreiten von Machtbefugnissen, Parteilichkeit, etc. Laut Oscár Clemente Marroquín, zurückgetretener Präsidentschaftskandidat, ist MINUGUA nicht die geeignete Instanz, um den Wahlkampf zu überwachen. Während der Friedensverhandlungen habe die Organisation ihre Glaubwürdigkeit als Beobachterin verloren. Auch kritisiert er das Verhalten von MINUGUA in Zusammenhang mit der Ermordung von Bischof Juan Gerardi. Jean Arnault, Leiter der Mission, sei der Typ Funktionär, dessen Interesse es sei, dass die Partei des nationalen Fortschritts (PAN) weiterhin an der Macht bleibe. Es ginge MINUGUA nur darum, dass nicht die Republikanische Front (FRG) die Wahlen gewinne, da sonst möglicherweise der Friedensprozess nicht weitergeführt werde. Marroquín betont die Wichtigkeit einer Wahlbeobachtung, zweifelt jedoch an der Unparteilichkeit von MINUGUA. Kurz darauf gab MINUGUA bekannt, dass sie ihren 10. Bericht über die Umsetzung und Einhaltung der Friedensabkommen nicht wie angekündigt Mitte Dezember, sondern erst im Januar 2000 präsentieren werde. Verschiedene politische und soziale Sektoren kritisieren diesen Entscheid mit der Begründung, damit werde die Regierungspartei (PAN) geschützt. Betrand de la Grange, seit Juni neuer Pressesprecher von MINUGUA, verneint dies und rechtfertigt die Entscheidung damit, dass sie mit ihrem Bericht den Parteien nicht Zündstoff für gegenseitige Anschuldigungen im Wahlkampf bieten wollen. Der Wahlkampf sei eine Dabatte, die allein von den GuatemaltekInnen geführt werden müsse. Conrado Martínez von der guatemaltekischen Menschenrechtskommission (CDHG), findet den Entscheid von MINUGUA richtig, den Bericht erst nach den Wahlen zu veröffentlichen. Aura Elena Farfán von der Organisation der Familienangehörigen von Verschwundenen (FAMDEGUA) hingegen, findet es wichtig, dass der Bericht zur angekündigten Zeit erscheint. Die Aufgabe von MINUGUA solle unabhängig davon ausgeführt werden, ob damit die Interessen der einen oder anderen politischen Partei tangiert würden. |
Original-PDF 192 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 - 10 --- Nächstes Fijáte