Notizen aus dem Wahlkampf
Fijáte 191 vom 11. August 1999, Artikel 10, Seite 6
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Notizen aus dem Wahlkampf
Die grüne Partei (seit dem 27. Juli durch die neu gebildete Sozialdemokratische Partei Guatemalas verstärkt) bildet während der nächsten Wochen ein Schattenkabinett. Laut José Asturias Rudeke, dem Präsidentschaftskandidaten der grünen Partei, ist dies, im Gegesatz zu Europa, wo es die Paxis, ein Schattenkabinetts zu bilden,seit Jahren gibt (z.B. Irland), der erste solche Versuch in Guatemala. Die Idee ist, eine Parallelregierung mit den entsprechenden Ministerien und Kommissionen aufzustellen. Die Aufgabe der Schattenregierung ist es, die Vor- und Nachteile der Entscheidungen der effektiven Regierung zu analysieren und konkrete Änderungsvorschläge zu machen. Die grüne Partei will mit dieser Aktion zu einer politschen Debatte beitragen. Gleichzeitig, erklärt Rudeke, müssten sie im Falle eines Wahlgewinns nicht wertvolle Zeit mit der Ernennung von MinisterInnen verlieren, sondern könnten eine fertig zusammengestellte Regierung präsentieren, die auch schon zusammengearbeitet hätte. *** Knapp vierzehn Wochen vor den Wahlen hat die Firma Borge & Asociados SA im Auftrag der Zeitungen Prensa Libre, El Periódico und Nuestro Diario die dritte Meinungsumfrage zu den Wahlen veröffentlicht. Es zeichnen sich zwei Tendenzen ab, im Vergleich zur letzten Umfrage: Alfonso Portillo, der Kandidat der Republikanischen Front Guatemalas (FRG) verzeichnet einen leichten Anstieg seiner Beliebtheit, von 21,4% im Mai zu 29,4% im Juli. Seine Beliebtheit hat vor allem im Departament Guatemala stark zugenommen. Interessant ist dabei, dass vor allem Männer, sowie Personen über 50 Jahren für Portillo sind. Oscar Berger, der Kandidat der Partei des Nationalen Fortschritts (PAN) konnte seinen Stimmenverlust vom Juni wieder etwas gutmachen, erreicht mit 27,1% jedoch nicht die Beliebtheit vom Mai (28,9%). Berger steht einzig im Süden des Landes vor Portillo. Der Kandidat der Allianz Neue Nation, ANN, Alvaro Colom, liegt weit hinter den andern beiden zurück. Mit 5,1% im Juli gegenüber 5,9% im Juni hat auch er an Stimmen verloren. Laut Fernando Solís, vom Zentralamerikanischen Institut für politische Forschung (INCEP), könne den Meinungsumfragen nicht vollständig vertraut werden. Trotzdem scheint es klar, dass die Präsidentschaft zwischen der FRG und der PAN ausgemacht wird. Dass es zu einer zweiten Wahlrunde kommen wird, habe auch mit der grossen Stimmenenthaltung zu tun, die Solís beunruhigend findet. Da es den Wahlkampagnen der verschiedenen Parteien an Inhalt und Griffigkeit fehle, glaubt er auch nicht, dass der effektive Anteil der Stimmenthaltung sich gross von den Umfragen unterscheiden werde. Nach oben |
*** Trotz intensiver staatlicher und privater Initiativen, ist die Zahl der zur Wahl berechtigten GuatemaltekInnen nicht gross gestiegen. Die erhoffte Anzahl 150'000 Neueinschreibungen ins Wahlregister war wenige Tage vor Ablauf der Einschreibefrist vom 7. August nicht erreicht. Von den rund 6 Millionen Wahlberechtigten GuatemaltekInnen sind bloss 4,3 Millionen im Wahlregister eingetragen. Das oberste Wahlgericht (TSE) hat versucht, der Bevölkerung bei den Einschreibungen entgegenzukommen. In 20 verschiedenen Einkaufszentren der Hauptstadt wurden Einschreibetische aufgestellt, welche bis zu 20 Stunden am Tag besetzt waren. Auf dem Land wurden insgesamt 375 Einschreibebüros in 48 Gemeinden eröffnet und 105 "Einschreibebrigaden" waren im Landesinnern unterwegs. Die Volksorganisationen haben ihre Leute aufgerufen, sich einzuschreiben, und haben vor allem den Frauen geholfen, Ausweispapiere zu beantragen, was Grundbedingungen für einen Wahlregistereintrag ist. *** Rund 50 Priester der evangelischen Allianz Guatemalas, haben sich in der Nähe von Mazatenango mit dem Präsidentschaftskandidaten der PAN, Oscar Berger getroffen, um ihm die Zusicherung der Stimmen ihrer Gläubigen zuzusichern. Berger seinerseits hat ihnen zugesichert, dass unter seiner Regierung die Kirchen weder Steuern bezahlen, noch eine juristische Form haben müssten. Der Präsident der evangelischen Allianz gibt bekannt, dass die evangelischen Kirchen eine breite Kampagne gestartet haben, um die Gläubigen der rund 17'000 evangelischen Kirchen zur Stimmabgabe zu motivieren. Die Kampagen laufe einerseits in den Predigten, sowie in den evangelischen Massenmedien. Dazu gehören zwei Fernsehsender, 37 Radiosender mit rund 500 evangelische Radioprogrammen. Der Sekretär der protestantischen Kirchenkonferenz (CIEDEG), David Son Turnil, spricht sich gegen das Treffen der evangelischen Pastoren und Berger aus. Die politischen Führer können sich Pastoren, religiösen Autoritäten und Gläubigen annähern, um mit ihnen über die Probleme nationaler Bedeutung zu diskutieren, dürften jedoch den Glauben nicht für politische Zwecke missbrauchen. Son Turnil fordert, dass die Unabhängigkeit der Kirche vom Staat beibehalten werde. Er ruft auch zur Beteiligung an den Wahlen auf, jedoch "auf eine verantwortungsvolle Art, ohne Manipulation, damit die Gläubigen ihre Stimme gemäss ihrer eigenen Entscheidung abgeben können." |
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