guatemala.de > Guatemalagruppe Nürnberg e. V. > Fijate
Fijáte
 

"Die Linke zu verteidigen, heisst nicht, zum Schweigen verurteilt zu sein"

Fijáte 189 vom 14. Juli 1999, Artikel 1, Seite 1

PDF Original-PDF 189 --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 - 10 - 11 --- Nächstes Fijáte

"Die Linke zu verteidigen, heisst nicht, zum Schweigen verurteilt zu sein"

Ein Prozess hätte gewaltige politische Auswirkungen?

Ja, und das ist natürlich zur Zeit der Wahlkampagne eine komplexe Angelegenheit. Ich habe jedoch der URNG gesagt, dass die Aktion der Mütter keinerlei wahlpolitische Absichten verfolgt. Sie sind einfach verzweifelt, weil sich das nun schon so lange hinzieht und wollen nicht mehr warten bis nach den Wahlen, denn dann interessiert sich ja sowieso niemand mehr für ihren Fall.

Aber nebst der Absicht gibt es ja noch die Umstände...

Wir haben den Müttern erklärt, dass im aktuellen wahlpolitischen Kontext, durch die internen Konflikte sowohl innerhalb der URNG sowie innerhalb des MilitärsNF, eine solche Anklage unvorhersehbare politische Folgen haben kann. Unser Rat war, die Sache öffentlich zu machen, der URNG klarzumachen, dass sie (die Mütter), im Recht sind, dass sie Informationen haben und zwar sehr viele... jedoch in erster Linie darauf zu bestehen, dass sie die Ueberreste ihrer Verwandeten zurückerhalten wollen.

Wie hat die URNG darauf reagiert? Die URNG hat versprochen, einen letzten Versuch zu machen, die Ueberreste in Nicaragua zu finden. Wir haben den Müttern geraten, diesen Vorschlag anzunehmen, da es im Moment der beste Weg ist.

Was verhindert, dass die Ueberreste gefunden werden?

Es ist sehr schwierig, mit den Leuten in Kontakt zu kommen, welche die Toten beerdigt haben. Es heisst, viele von ihnen seien bereits gestorben und so könne der genaue Ort nicht bestimmt werden.

Jorge SotoNF von der URNG wehrt sich gegen die Anklage und sagt, es stünden politische Absichten dahinter. Und jetzt sind Sie ja auch bereit, noch einmal zu verhandeln.

Ich verstehe manchmal die URNG nicht so recht. Die Verhandlung lief ja eigentlich recht gut. Es gab dieses Schweigeabkommen und wir haben die URNG immer über unsere Schritte informiert. Als Rolando Morán starb, gab es eine Verzögerung, doch die Mütter haben das begriffen. Vor zwei Jahren befanden wir uns noch nicht im Wahlkampf und die Anklage war gegen Mitglieder der Führung des Ex- EGP, die zu dieser Zeit in Managua waren. Dass dieselben Leute heute öffentliche PolitikerInnen sind, ist ein anderes Problem.

In Regierungskreisen heisst es, die Anklage gefährde den Friedensprozess.

Das stimmt, und das beunruhigt mich auch. Es ist eine der unerwünschten Konsequenzen. Deshalb ist es sehr wichtig, dass es gar nicht erst zu einem Prozess kommt, sondern die Suche nach den Ueberresten bald abgeschlossen wird.

Von Rechts wegen müsste nun das Ministerio Público einschreiten.

CALDH hat ihren Fall nicht beim Ministerio Público präsentiert. Die ODHA den ihren jedoch schon. Es handelt sich da um einen unglücklichen zeitlichen Zufall, denn die öffentliche Meinung vermischt die beiden Fälle. Dabei sind sie verschieden und werden nicht mit derselben Stategie angegangen.

Ist es überhaupt möglich, in Guatemala ein Delikt zu verurteilen, das in einem andern Land begangen wurde?

Es ist möglich, eine Anklage einzureichen und das Ministerio Público kann eine Untersuchung einleiten, der zuständige Richter wird dann entscheiden, ob eine Verurteilung in seiner Kompetenz liegt.

Haben Sie schon andere Klagen gegen die URNG geführt?

Nein, dies ist ein aussergewöhnlicher Fall. Es geht mir um die Anerkennung des revolutionären Bewusstseins der Mütter.


PDF Original-PDF 189 --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 - 10 - 11 --- Nächstes Fijáte