RichterInnenwahl am Obersten Gerichtshof
Fijáte 192 vom 25. Aug. 1999, Artikel 5, Seite 4
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RichterInnenwahl am Obersten Gerichtshof
Guatemala, 20. August. Mehrere Monate schon dauert die Diskussion um die Neuwahlen der RichterInnen für den Obersten Gerichtshof (CSJ). Die insgesamt 23 RichterInnen des Obersten Gerichtshofes und des Appelationsgerichtes werden alle vier Jahre neu gewählt. Immer häufiger wurde in letzter Zeit die Kritik laut, die Gerichte würden bis heute von Personen kontrolliert, die während des Krieges für Repression und Menschenrechtsverletzungen verantwortlich waren. Als Folge der Friedensabkommen wurde die Ad-hoc-Kommission zur Unterstützung und Stärkung des Justizsystems gebildet, deren Aufgabe es ist, eine Vorgehensweise für die Wahl und Kriterien für die KandidatInnen zu erarbeiten. In ihrem Bericht "Eine neue Justiz für den Frieden" hält die Ad-hoc-Kommission fest, dass eines der grössten Probleme im guatemaltekischen Justizwesen die fehlende Unabhängigkeit der RichterInnen sei. Ebenso gäbe es diverse strukturelle Probleme, wie z.B. das Fehlen von Gerichten in ländlichen Gebieten, die schlechte Ausbildung von RichterInnen, zuwenig RichterInnen im Verhältnis zu den begangenen Straftaten etc. Die Kommission empfiehlt, das Justizwesen im Hinblick auf Modernisierung und Demokratisierung zu verändern. Es sollen die nötigen Schritte unternommen werden, welche die juristische Unabhängigkeit, die Professionalisierung, die Multikulturalität sowie die Kompetenzentrennung garantieren. Nun soll also für die auf Oktober angesetzte Neuwahl der RichterInnen des Obersten Gerichtshofes ein neues Wahlverfahren ausgearbeitet werden. Zu diesem Zweck wurde die sogenannte Postulationskommission ernannt, zusammengesetzt aus VertreterInnen der juristischen Fakultäten verschiedener Universitäten, Anwalts- und RichterInnenvereinigung, Studienanstalten für RichterInnen etc. Diese Kommission soll eine Vorauswahl treffen und dann 30 KandidatInnen dem Kongress zur Wahl vorstellen, sie hat jedoch bis jetzt noch keine klare Richtlinien herausgegeben. Ausserdem herrscht, sowohl unter den IntegrantInnen dieser Kommission sowie in der Öffentlichkeit, Uneinigkeit über das Wahlverfahren. Menschenrechtsorganisationen, die Vereinigung guatemaltekischer JuristInnen (AGJ), MINUGUA, sowie die Ad-hoc-Kommission selber plädieren für mehr Transparenz im Wahlverfahren, ein offenes Wettberwerbverfahren, die Veröffentlichung der Lebensläufe der KandidatInnen. Einige fordern sogar die gänzliche Auswechslung aller RichterInnen des obersten Gerichtshofes. Einzelne, an ihrer Wiederwahl interessierte RichterInnen, ebenso der Oberste Gerichtshof selber, der sich gegen die an ihn gerichtete Kritik wehrt, sprechen sich für die altbekannte Wahlprozedur aus: Hinter mehr oder weniger verschlossenen Türen wählt die Kommission ihre LieblingskandidatInnen aus. MINUGUA äussert sich in einem Ende Juli veröffentlichten Kommuniqué besorgt über die Diskussion rund um das Wahlverfahren. Die vorgeschlagene Variante, die KandidatInnen nicht einem Wettbewerbsverfahren zu unterziehen, bedeute ein Rückschritt für die angestrebte Justizreform. Es sei 1996 der Oberste Gerichtshof selber gewesen, der dieses Vorgehen vorgeschlagen und auch durchgezogen habe und dank diesem Verfahren wurden damals rund 200 RichterInnen gewählt, welche heute aufgrund ihrer beruflichen Verdienste und Qualitäten amten. MINUGUA sieht nicht ein, weshalb dieses Vorgehen diesmal nicht eingehalten werden soll. Nach oben |
Die Stellungnahme von MINUGUA wird vom Obersten Gerichtshof als Einmischung empfunden. Eine weitere Empfehlung der Ad-hoc-Kommission zur Unterstützung und Stärkung des Justizsystems war die Einladung eines UNO- Beobachters fürs Justizwesen. Am 15. August ist Param Kumaraswamy als solcher nach Guatemala gekommen. Während den zwei Wochen, die er im Land verbringen wird, trifft er sich mit verschiedenen Menschenrechtsorganisationen, mit diversen juristischen Instiutionen des Staates sowie mit Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen. Einzig der Oberste Gerichtshof (CSJ) hat kein Treffen mit Kumaraswamy beantragt. Laut dem Präsidenten des CSJ, Oscár Najarro Ponce, sei bei ihnen alles in Ordnung, und es gäbe nichts, was sie dem UNO-Beobachter zu erzählen hätten. Ziel des Besuchs ist die Erarbeitung eines Berichts zu Händen der UNO, sowie Empfehlungen an die guatemaltekische Regierung. Es steht jedoch nicht in der Befugnis des Beobachters, Sanktionen gegen die Regierung auszusprechen. Nebst Beschwerden über das Wahlverfahren der RichterInnen des Obersten Gerichtshofes, nimmt Kumaraswamy Anzeigen entgegen im Zusammenhang mit der mangelnden Ausbildung der RichterInnen und AnwältInnen, der Parteilichkeit von RichterInnen sowie Drohungen, denen das Justizpersonal ausgesetzt ist. In einem ersten Kommentar zur Situation des Justizsystemes, ging Kumaraswamy auf das viel zu kleine Budget derjenigen Institutionen ein, welche für die Rechtssprechung im Land verantwortlich sind. |
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