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¡Híjole! Die monatliche Kolumne von Fernando Suazo: Achtung, festhalten!

Fijáte 398 vom 21. Nov. 2007, Artikel 10, Seite 5

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¡Híjole! Die monatliche Kolumne von Fernando Suazo: Achtung, festhalten!

Zu den jüngsten Schachzügen der VGÖlNF-Multis gehört die Gründung des kanadischen Unternehmens QUETZAL ENERGY. Vor Kurzem reiste eine Gruppe guatemaltekischer ParlamentarierInnen in den Norden, angeblich auf Einladung der guatemaltekisch-kanadischen Handelskammer, um sich mit den Direktoren dieses Unternehmens zu treffen. Glauben Sie, dass diese Abgeordneten irgendetwas zum Vorteil der guatemaltekischen Bevölkerung ausgehandelt hätten?

Ich habe gehört, dass in den nächsten Jahren 1'633'000 Hektar Land öffentlich ausgeschrieben und zur Exploration von Ölvorkommen freigegeben werden sollen. Weshalb wird in unseren Medien nichts darüber berichtet? Weshalb erzählt man den Kindern in unseren Schulen nichts über den Ölreichtum, über VGGoldNF- und andere Edelmetallvorkommen in unserem Land? Vielleicht, weil die Herrscher des Landes sich bewusst sind, dass uns all dies gar nicht mehr gehört, weil sie es schon längst verschenkt haben?

4. Unsere Regierenden verschenken das nationale Öl, während wir gezwungen sind, dessen Derivate zu hohen Preisen wieder zurückzukaufen. Die täglichen Preiserhöhungen auf dem Öl- und Benzinmarkt gehören zu den Lieblingsnachrichten der MeinungsmacherInnen. Dahinter steckt die Absicht, ein günstiges Klima zu schaffen für den Bau von VGStauseenNF als so genannte Alternativenergiequelle. Es erscheinen regelmässig teure ganzseitige Inserate in der Presse, die uns solches weismachen wollen. Dieser Diskurs redet uns ein, dass, wer sich gegen den Bau von Stauseen wehrt, gegen den Fortschritt sei.

Gleichzeitig wird uns aber verschwiegen, dass die Anliegerdörfer der Stauseen, welche vor 25 Jahren gebaut wurden, bis heute ohne Stromversorgung sind. Dafür mussten die BewohnerInnen dieser Dörfer die Brutalität des VGGenozidsNF kennenlernen, ausgeführt vom VGMilitärNF, unterstützt von der Oligarchie und mit der VGWeltbankNF als Komplizin: Vier VGMassakerNF hintereinander mit über 500 Toten und unbeschreiblichem Leid für die Überlebenden in der Gemeinde Río Negro, VGRabinalNF.

Die Medien schreiben nichts über die Interessen der Unternehmen an diesen Staudämmen, nichts über die Schäden, welche die Anliegerdörfer zu tragen haben, und nichts darüber, was die betroffene Bevölkerung von der ganzen Sache hält.

5. Das Thema Genozid führt uns zu einem anderen tödlichen Laster Guatemalas: der chronischen und weit verbreiteten Straflosigkeit. Beispiele dafür sind die Verantwortlichen dieser Massaker, die heute hohe Posten innerhalb der Regierung oder der einflussreichen politischen Parteien besetzen.

Diese und andere Perversionen beschränken sich aber nicht bloss auf den Staatsapparat, sondern sie betreffen uns alle: Sie bescheren uns viel unnötiges Leiden, sie enthalten uns das Minimum an würdevollen Lebensbedingungen vor, sie verführen uns zu Konkurrenzkampf und Gewalt und greifen unsere Integrität an, indem sie uns zwingen, die Erinnerung zu verbergen. Wir müssen unseren Gerechtigkeitssinn opfern und Menschen ohne Moral wählen, da sie uns als einzige Alternative zur Verfügung stehen.

Wenn ich in den Medien das Foto des zukünftigen Präsidenten von Guatemala betrachte, kommt mir ein Bild in den Sinn, das ich eines Tages beim Verlassen meines Hauses vor mir sah: Ein betrunkener Nachbar versuchte die Kontrolle über sein Fahrrad zu behalten, auf dessen Gepäckträger er seinen kleinen Sohn gesetzt hatte. Ein ums andere Mal versuchte er, aufzusteigen und loszufahren, und jedes Mal sagte er zu seinem Kleinen: "Achtung, festhalten!" - Aber nie gelang es ihm, wegzufahren.

Mein grosser Respekt für diesen Nachbarn mit seinem Fahrrad und für Herrn VGColomNF - aber ich glaube, es steht uns ähnliches bevor, wenn dieser am 14. Januar seine Reise beginnt, den Staat Guatemala zu steuern. Er wird uns über die Medien ein ums andere Mal bitten: "Achtung, festhalten!"

Aber wir wissen längst, dass es andere sind, die das Fahrrad lenken.


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