Mine Marlin - Prozess gegen Bauern eröffnet
Fijáte 398 vom 21. Nov. 2007, Artikel 7, Seite 4
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Mine Marlin - Prozess gegen Bauern eröffnet
Guatemala, 12. Nov. Eine wohl historisch zu nennende Gerichtsdebatte wurde dieser Tage in San Marcos aufgenommen. Sieben indigene Männer, die in ihren Gemeinden als Umweltschützer bekannt sind, werden angeklagt, fünf wegen Anstiftung zu kriminellen Handlungen und Nötigung, zwei von ihnen zusätzlich wegen Körperverletzung. Die Klage eingereicht hat niemand anderes als die kanadische Goldabbaufirma Goldcorp, ehemals Montana Exploradora, nicht erst bekannt geworden durch ihre Abbautätigkeiten in Sipacapa, San Marcos. Die Antropologin Irma Alícia Velásquez Nimatuj stellt in einem Artikel in der Tageszeitung elPeriódico klar, dass es weniger um die vermeintlichen Aggressionen gegen den Sicherheitschef von Goldcorp ginge, sondern es sich eindeutig um den Versuch des Unternehmens handelt, mittels des Justizsystems die gesamte Bevölkerung zum Schweigen zu bringen. Die Klagen gehen nämlich zurück auf Anfang Januar dieses Jahres, als eine Gruppe von VertreterInnen der Maya-Mam-Gemeinden aus der Nachbarschaft der Goldmine Marlin in San Miguel Ixtahuacán, San Marcos, der Firma einen Besuch abgestattet und einen Petitionsbrief eingereicht hat. Darin bemängelt sie die extrem niedrigen Preise, die den lokalen Familien für den Abkauf ihrer Grundstücke gezahlt wurden, zu dem die Familien getäuscht und teilweise genötigt worden. Aufgrund der Anwendung von Sprengstoff beim Goldabbau seien ausserdem Dutzende von Häusern zu erheblichem Schaden gekommen. Die Wasserverschmutzung wegen des Gebrauchs von Zyanid und der Freisetzung von Schwermetallen beim Tagebau habe sich bereits in gesundheitlichen Problemen der Bevölkerung und des Viehbestands niedergeschlagen. Und schliesslich habe der Wassermangel, der bedingt sei durch den offensichtlichen Rückgang des regionalen Grundwasserspiegels ob des massiven Wasserverbrauchs beim Goldabbau, bereits zur Austrocknung von Brunnen und natürlichen Wasserquellen geführt sowie zur Missernte vornehmlich der Obstbäume. Am nächsten Tag kehrten die sieben Männer zum Büro von Goldcorp zurück, doch die Zuständigen negierten jegliche Verantwortung für die benannten Probleme und beleidigten stattdessen die Dialogsuchenden. Auf dem Rückweg in ihre Gemeinden wurden diese dann von Sicherheitspersonal verfolgt, welches sie mit Steinen bewarf, Schüsse abfeuerte und versuchte, einen von ihnen in ihre Gewalt zu bekommen. Nach oben |
In Folge der gewalttätigen Antwort besetzten rund 600 AnwohnerInnen die Zufahrtsstrassen zur Mine und machten diese erst wieder frei, als nach 12 Tagen unter Vermittlungshilfe des Menschenrechtsprokurats (PDH) ein Termin für die Aufnahme von Gesprächen zwischen ihnen und dem Goldunternehmen vereinbart worden war - den Goldcorp jedoch buchstäblich unterminierte und am besagten Tag statt dessen die Anzeigen gegen die sieben Bauern einreichte. Die Anwälte von Goldcorp waren bereit, die Anklage fallen zu lassen, wenn die Männer sich für schuldig erklärten, öffentlich den Sicherheitschef um Entschuldigung baten und ein Dokument unterzeichneten, das ihre Demonstrationsfreiheit einschränkte. Die Angeklagten lehnten das "Angebot" ab. Zu guterletzt und der Perversität nicht genug, tritt Goldcorp im Prozess jetzt als Nebenklägerin auf und fordert NachbarInnen und Familienangehörige dazu auf, vor Gericht auszusagen - die meisten dieser vermeintlichen ZeugInnen sind Angestellte des Unternehmens. Den Angeklagten drohen zwischen 1,5 und 14 Jahren Haft. Von Anfang an zeigt sich das Gericht in San Marcos befangen und geht auf den von Goldcorp provozierten Strafprozess ein, obwohl das guatemaltekische Gesetz die lokalen Autoritäten darin bestärkt, Vergehen, wie es fünf der sieben Anklagepunkte gegen die Bauern sind, aussergerichtlich zu klären, vor allem wenn, wie in diesem Fall, keine Vorstrafen vorliegen und besondere Bedingungen die Situation erschweren. Kaum zu glauben ist, dass die PR-Abteilung von Goldcorp Inc. tatsächlich die Nachricht über die Pläne verbreitet haben soll, Wasser, das unter Zusatz von eben der Blausäure Zyanid, Arsen und anderer giftiger Chemikalien in der Mine benutzt worden ist, in den Tzalá-Fluss abzulassen, einem Zufluss des Flusses Cuilco. Entsprechend besorgt sind die Gemeinden. |
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