Die Linke im neuen Jahrhundert: Der Kampf geht weiter
Fijáte 205 vom 1. März 2000, Artikel 1, Seite 1
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Die Linke im neuen Jahrhundert: Der Kampf geht weiter
Dies war das Motto des diesjährigen Foro de Sao Paolo, das vom 19. - 21. Februar in Masaya, Nicaragua zum neunten Mal stattgefunden hat. 1990 von der brasilianischen Partei der Arbeit (PT) zum ersten Mal einberufen, ist das Foro de Sao Paolo im Laufe der Jahre zu einem wichtigen Ort der Diskussion und des Austausches der lateinamerikanischen Linken geworden. Für Guatemala haben VertreterInnen der ehemaligen Guerillaorganisation und heutigen Partei URNG sowie VertreterInnen der Allianz Neue Nation (ANN) teilgenommen. Wir veröffentlichen im folgenden Ausschnitte aus der Schlussresolution des diesjährigen Foro de Sao Paolo. Deklaration von Niquinohomo"Zu Beginn des 21. Jahrhunderts und ein Jahrzehnt nach der Gründung des Foro de Sao Paolo hat die Verschärfung der politischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Krise die Gründe wieder aufleben lassen, die uns 1990 zur Einberufung des Treffens der linken Parteien und Organisationen Zentralamerikas und der Karibik motiviert haben. Die GründerInnen des Foro haben sich damals zusammengefunden, um über die Auswirkungen der Beendigung des Kalten Krieges auf den Kampf der linken Parteien und Bewegungen in Lateinamerika und der Karibik zu diskutieren. Das Foro de Sao Paolo hat es zum ersten Mal in der Geschichte Lateinamerikas geschafft, die verschiedenen Parteien und Bewegungen des linken Spektrums mit ihren unterschiedlichen Formen des Kampfes zusammenzubringen. Wir mussten feststellen, dass die Probleme der lateinamerikanischen Völker mit dem Ende des Kalten Krieges nicht gelöst waren, sondern dass diese sich erst mit der Eliminierung der Unterdrückung, dem Ende von Ausbeutung und Rassismus lösen können. Trotz ihrer Verschiedenheit und Vielfalt sind sich die linken Parteien und politischen Bewegungen, die Mitglieder des Foro de Sao Paolo einig im Kampf gegen den Imperialismus, der in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts in Form des neoliberalen Kapitalismus zum Ausdruck gekommen ist. Die zehn Jahre seit der Gründung des Foro de Sao Paolo haben uns in unseren ursprünglichen Ideen bestätigt. Ebenso wie im Juli 1990 sind wir auch heute noch davon überzeugt, dass der Neoliberalismus mit seinen sogenannten Strukturanpassungensprogrammen keine Entwicklung ist, die jemals sämtlichen BewohnerInnen dieses Planeten Reichtum bescheren kann. Speziell das letzte Jahrzehnt hat die Beschränktheit des neoliberalen Modells gezeigt und seine Unfähigkeit bewiesen, die Probleme der Menschheit zu lösen. Das Scheitern der Seattle-Runde im Dezember 1999 ist der symbolische Ausdruck der Kraft des internationalen, antineoliberalen Widerstandes. Die neoliberale Doktrin dient einzig den politischen und ökonomischen Interessen derjenigen, die bereit sind, die Mehrheit der Bevölkerung zu opfern und auszurotten, um im teuflischen und schwindelerregenden Rennen um die Akkumulierung des Reichtums konkurrieren zu können. Die Weltwirtschaft ist in eine ausbeuterische Phase getreten. Schlüsselbegriffe, um die zeitgenössische Welt zu beschreiben sind 'Konzentration', 'Polarisierung' und 'Neokolonialismus': Konzentration des Reichtums, des Eigentums und der Produktion. Politische, ökonomische und soziale Polarisierung, mit den Folgeerscheinungen Armut und Marginalisierung. Diese Polarisierung und Ungleichheit drückt sich aus in immer weniger Menschen, die immer mehr konsumieren, in der Konzentration des Reichtums auf ein paar wenige Familien, in den Millionen von Menschen, die keinen Zugang zu Arbeit, Gesundheitsversorgung, einer würdevollen Behausung, Bildung und Nahrung haben; Grundrechte, die die Menschheit von Generation zu Generation weitergegeben und entwickelt hat. Dazu kommen die Auswirkungen der militärischen Aggressionen Nordamerikas, welche die internationalen Rechte der Nachkriegszeit verletzen. Ausdruck davon ist der Völkermord am jugoslavischen Volk unter dem Deckmantel der UNO und durch eine zu diesen Zwecken reformierte NATO. Die einzige Möglichkeit, die Menschheit vor ihrer Selbstzerstörung zu bewahren, ist, auf die Befriedigung der menschlichen Grundbedürfnisse als Basis einer zukünftigen Gesellschaft zu setzen und nicht, wie bis jetzt, auf den Gewinn und die persönliche Bereicherung. Um die Probleme der Gesellschaft zu lösen, muss man gegen die Klassenwidersprüche kämpfen, die eng mit den verschiedenen Formen von Unterdrückung, Diskriminierung und Ausbeutung gekoppelt sind: Unterdrückung der Frauen, der Ethnien, der Rassen, der Kulturen, der Religionen, der Generationen etc. Nach oben |
Die Völker der Erde werden ihre Freiheit und ihre Selbstbestimmung nicht erlangen, solange es noch irgendeine Form von Kolonialismus oder Neokolonialismus gibt, wie es nach wie vor der Fall ist in Puerto Rico, Martinique, Französisch Guayana, in den Holländischen Antillen oder auf den Malvinen. Die Linke des 21. Jahrhunderts kann auf ihre Erfahrungen zurückgreifen, die sie in der Erarbeitung von Alternativen gewonnen hat. Alternativen, die von einer konkreten Realität ausgehen und eine Veränderung anstreben. Sie ist geübt im Erkämpfen von Freiräumen und Einflussnahme. Sie ist sich der Notwendigkeit struktureller Änderungen bewusst, um die Zerstörung unseres Planeten aufzuhalten und rückgängig zu machen und um die internationale Spekulation zu bekämpfen. Der Reichtum muss gerecht verteilt werden, die Erarbeitung von Finanzplänen muss demokratisch sein und sozialisiert werden. Der Aufbau eines neuen Staates bedingt die Beteiligung der Zivilgesellschaft, die politische und wirtschaftliche Dezentralisierung. Eine integrale Demokratie beinhaltet Gleichheit auf politischer, sozialer, kultureller und geschlechtlicher Ebene. Ein Beispiel einer solchen Alternative sind die Friedensabkommen in Guatemala. Auch wenn sie in fundamentalen Punkten noch nicht umgesetzt wurden, zielen sie in eine entgegengesetzte Richtung zur neoliberalen Politik. Diese Abkommen haben es neuen sozialen Kräften möglich gemacht, auf der Bildfläche zu erscheinen. Schon bestehende politische Kräfte wurden gestärkt und konnten sich weiterentwickeln, wie z.B. die URNG und die Allianz Neue Nation (ANN), welche durchaus Chancen hat, bei zukünftigen Wahlen an die Macht zu kommen. Weitere Beispiele von Ländern, in denen wichtige Prozesse stattfinden sind Ecuador, Venezuela, Panamá, El Salvador und Kolumbien. Nicht zu vergessen ist das Engegement der Indigenen Völker, die dem neoliberalen Angriff zu widerstehen. Mit ihren Rebellionen und Mobilisierungen tragen sie dazu bei, die Notwendigkeit grundlegender Veränderungen aufzuzeigen. Änderungen die nötig sind, um die Biodiversität und das Ökosystem zu bewahren. Ebenso setzten sie sich für die Bewahrung ethnischer Vielfalt ein, dafür, dass ihre Identität anerkannt wird und für ihr Recht auf Selbstbestimmung. Die Herausforderung ist enorm für die lateinamerikanische Linke und wir werden ihr nur gerecht, wenn wir aus der Einheit und dem Zusammenschluss unsere wichtigsten Kampfinstrumente machen. Die Vielfalt und Verschiedenheit der Linken ist ein demokratisches Kapital, das wir uns aneignen und bewahren müssen. Darin und in der Tolerierung dieser Unterschiede liegt die Grundlage unserer Einheit und unserer Kräfte für eine Veränderung. Eine Einheit, die in den einzelnen Ländern geschmiedet werden, aber auch über die Landesgrenzen hinausgehen muss, um ein gemeinsames Projekt zu entwickeln, das einen integralen und solidarischen Charakter hat. Zehn Jahre nach der Gründung des Foro de San Paolo, bestätigt die lateinamerikanische Linke diese demokratischen und widerständischen Traditionen, die ein Beispiel für unsere Völker waren. Um Zusammenkünften wie dieser, die in Masaya, Nicaragua zu Ende geht, eine Kontinuität zu geben, wird das nächste Treffen im April des Jahres 2001 auf guatemaltekischem Territorium stattfinden." |
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