Kriegsversehrte organisieren sich
Fijáte 240 vom 25. Juli 2001, Artikel 1, Seite 1
Original-PDF 240 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 - 10 - 11 - 12 - 13 --- Nächstes Fijáte
Kriegsversehrte organisieren sich
Wie zahlreiche andere Punkte der Nach Ende des bewaffneten Konflikts, der über drei Jahrzehnte dauerte, realisierte das guatemaltekische Nach Kriegsende gehörten die Kriegsversehrten vorerst zu denjenigen demobilisierten Guerilleros und Guerilleras, die von der eigens dafür gegründeten Stiftung Guillermo Toriello (FGT) bei ihrer Eingliederung ins zivile Leben unterstützt werden sollten. Angesichts des bürokratischen Verwaltungsapparates und der hierarchischen Strukturen innerhalb der FGT, fühlten sich die Kriegsversehrten darin kaum vertreten. Nach einigen internen Auseinandersetzungen, die zu keiner Verbesserung führten, gründeten sie schliesslich ihre eigene Organisation, die Asociación Guatemalteca de Personas con Discapacidad (AGPD) "Manuel Tot". Darin sind sowohl ehemalige KämpferInnen wie auch kriegsversehrte ZivilistInnen organisiert. Der Name Manuel Tot, auf den sich die Organisation bezieht, wurde gewählt, um den Freiheitskämpfer und Studenten der Rechtswissenschaften, Manuel Tot, zu ehren. Ursprünglich aus Gegenwärtig zählt die AGPD 800 Mitglieder, die in 16 Departementen des Landes leben. Neben der konkreten Hilfe, die den Mitgliedern der Organisation angeboten wird, arbeitet die AGPD auch auf gesellschaftspolitischer Ebene gegen die stereotypen Bilder, die ein Grossteil der Bevölkerung von 'behinderten' Personen hat. Die AGPD kämpft dafür, dass Menschen mit Behinderungen nicht als Personen 'ohne Fähigkeiten' abgetan werden, sondern als Personen 'mit anderen Fähigkeiten' respektiert werden. Sie kämpft für die politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Gleichstellung behinderter Personen im öffentlichen Leben. Diese Anerkennung zu erreichen ist nicht einfach, handelt es sich doch bei der Mehrheit der Mitglieder von AGPD nicht um irgendwelche Behinderte, sondern um hauptsächlich indigene, ehemalige KämpferInnen der Die Integration in ihre Herkunftsgemeinden gestaltet sich für die Kriegsversehrten äusserst schwierig. Als sie damals ihre Familien und ihre Dörfer verliessen und sich der URNG anschlossen, waren sie Menschen ohne Behinderung. Nachdem sie im Krieg verletzt wurden, lebten sie je nachdem in den Flüchtlingslagern in |
Um auf die realen Bedürfnisse der Mitglieder eingehen zu können, führte die AGPD 'Manuel Tot' zunächst eine Erhebung zur sozioökonomischen Situation und der gesundheitlichen und psychischen Gegenwärtig ist die Psychologisch: Im Rahmen von viertägigen Besuchen in den Gemeinden finden Zusammenkünfte von Betroffenen und ihrer Angehörigen mit einer Psychotherapeutin statt. In Selbsthilfegruppen werden Personen zusammengefasst, deren Problematik ein spezifischeres Vorgehen verlangt (Frauen, Personen mit psychosomatischen Krankheiten). In Arbeitsgruppen werden Themen behandelt, die für die gesamte Gemeinde von Bedeutung sind: innerfamiliäre Gewalt, Menschenrechte, Aufarbeitung der Geschichte. Physisch: Es werden genaue Abklärungen zu den spezifischen Leiden der Betroffenen gemacht. Die Organisation übernimmt die Kosten für chirurgische Eingriffe in fünfzig als prioritär eingestuften Fällen und gewährleistet die physiotherapeutische Rehabilitation und die Versorgung mit den benötigten Medikamenten. Ausserdem werden GesundheitspromotorInnen in den Gemeinden ausgebildet. Politisch/kulturell: Veranstaltung von Sportanlässen und Zusammenkünften. Austausch und Zusammenarbeit mit anderen Behindertenverbänden, Menschenrechtsgruppen und Organisationen demobilisierter, kriegsversehrter Armeeangehöriger. Die Koordination der Betreuung von praktisch über das gesamte nationale Territorium verstreut lebenden Ex-Guerilla-KämpferInnen und der Kontakt mit Spitälern und andern Institutionen verlangt eine intensive Reisetätigkeit der elf - selbst kriegsversehrten- KoordinatorInnen von AGPD. Vielfach sind nur die Gemeindehauptorte, nicht aber die ländlichen, teils sehr abgelegenen und schlecht zugänglichen Siedlungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Dies hat leider zur Folge, dass sich AGPD gezwungen sah, ihre Tätigkeiten räumlich einzuschränken. Das Hochland rund um Die Zusammenarbeit mit Volksorganisationen, Menschenrechtsgruppen und Nichtregierungsorganisationen gestaltet sich oftmals schwierig, da behinderte Menschen für sie weder ein "Schwerpunktthema" noch eine "Zielgruppe" sind. Um so wichtiger ist es der AGPD, nicht in ein paternalistisches Abhängigkeitsverhältnis zu den bestehenden, meist karitativen Behindertenorganisationen zu geraten. Institutionen, die in diesem Bereich arbeiten, sind oft ausschliessend, d.h., sie arbeiten bis zu einem gewissen Punkt kommerziell und wer nicht bezahlen kann, wird nicht behandelt. (Einen ziemlichen Skandal löste im März dieses Jahres die Meldung aus, die durch eine jährlich stattfindende Auch die Regierung räumt den Forderungen der Behinderten keine Priorität ein. Im Gesundheitsministerium gibt es keine Abteilung, die sich speziell den Bedürfnissen behinderter Menschen annimmt. Es gibt auch keine städtebaulichen Pläne für die Abschaffung architektonischer Barrieren. Für die AGPD ist es wichtig, Druck auszuüben auf die Ministerien, die für die Umsetzung der in den Friedensabkommen festgesetzten Vereinbarungen zuständig sind. Dabei haben sie speziell das Gesundheits- und das |
Original-PDF 240 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 - 10 - 11 - 12 - 13 --- Nächstes Fijáte