Hunger auch in Guatemala
Fijáte 244 vom 19. Sept. 2001, Artikel 8, Seite 5
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Hunger auch in Guatemala
Guatemala, 10. Sept. In einer kürzlich von UNICEF herausgegebenen Studie wird die Ernährungssituation in Guatemala mit derjenigen in Somalia vergleichen: In sieben der 22 Departements leiden über 10% der Kinder im schulpflichtigen Alter an Unterernährung. Erst als Ende August die ersten Meldungen über Hungertote in den guatemaltekischen Zeitungen erschienen, wurde bekannt, dass im Verlauf des Jahres bereits 41 Menschen an Hunger gestorben sind. Dabei ist man sich einig, dass der Hunger und die Armut strukturelle Probleme sind. Dazu kommen die ausgedehnte Dürrezeit und die durch die Krise im Kaffeehandel erhöhte Arbeitslosigkeit vieler SaisonarbeiterInnen. Dazu kommt ebenfalls die Indifferenz der jeweiligen Regierungen gegenüber Warnungen und Hinweisen der sozialen und Volksorganisationen bezüglich Armut und extremer Armut. Im Moment am stärksten betroffen sind die Gemeinden Jocotán und Camotán, Departement Chiquimula, wo ca. 2900 Bauernfamilien wegen der Dürre ihre Ernte verloren haben. Unterdessen sind ähnliche Meldungen aus Gemeinden in Huehuetenango bekannt geworden. Im ganzen Land spricht man von rund 13'000 Familien, die vom der Hunger betroffen sind. Bekanntlich wird in Guatemala jedes Thema und jedes Ereignis politisiert - so auch die Hungertoten in Chiquimula. Die erste Reaktion von Präsident Portillo auf die Meldungen über die Hungertoten, war, er habe im Moment andere Prioritäten. Dafür äusserte sich Vizepräsident Reyes López: Die Regierung habe keine Ressourcen, um Programme für unterernährte Mütter und Kinder durchzuführen. Der Vize des Gesundheitsministeriums, Julio Molina, wusste nichts von einer Hungersnot und wies darauf hin, dass das Landwirtschaftsministerium für die Ernährung zuständig sei. Dieses wiederum griff achselzuckend auf das Argument der strukturellen Armut zurück... Nach oben |
Die ersten, die reagierten, waren die Medien und die sozialen Organisationen, die gemeinsam die Bevölkerung dazu aufriefen, sich mit ihren Landsleuten zu solidarisieren und Lebensmittel, Geld oder Medikamente zu spenden. Im selben Zug begannen auch die Vorwürfe an die Regierung, nichts zu unternehmen, um den Hungerleidenden zu helfen. Auf diesen Angriff sah sich Portillo dann doch genötigt, zu reagieren. Er zeigte sich allerdings erstaunt darüber, dass um die Hungersnot in Chiquimula so viel Aufsehen gemacht wird, sei es doch ein offenes Geheimnis, dass in Guatemala 80% der Bevölkerung in Armut lebe. Und fügte hinzu: "Deshalb setze ich mich für eine Steuerreform ein, um der Armut etwas entgegenzusetzen. Immerhin wären 0.5% der Einnahmen der Mehrwertsteuer für Ernährungsprogramme für Schulkinder gedacht. Aber anstatt mich zu unterstützen, kritisieren 'sie' mich dauernd." Nebst den Lebensmittellieferungen, die von der solidarischen Bevölkerung gespendet wurden, schickte auch das Welternährungsprogramm 346 Tonnen Lebensmittel nach Chiquimula. Auch die Regierung von Venezuela schickte 15 Tonnen Lebensmittel nach Guatemala. Endlich sah sich auch die guatemaltekische Regierung gezwungen, zu reagieren. Als erstes wurde (einmal mehr) für dreissig Tage der landesweite Notstand ausgerufen. Weiter wurde informiert, dass die Regierung für nächstes Jahr ein Nothilfeprogramm ausarbeitet, um die Armut und den Hunger zu bekämpfen. Dieses Programm sieht den Bau von Strassen und Wasserleitungen vor. Dafür budgetiert sind 5 Milliarden Quetzales (6'250'000 Mio. US-$). Dies ist ein ziemlich hoher Betrag, verglichen mit dem Gesamtbudget für das Jahr 2002, das 26 Milliarden Quetzales beträgt... Unterdessen wurde aus Chiquimula bekannt, dass die Lebensmittel, die als Nothilfe geschickt wurden, bereits ausgegangen sind und die Leute wieder hungern. |
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