Erneute Vertreibung der RückkehrerInnen
Fijáte 270 vom 9. Okt. 2002, Artikel 8, Seite 5
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Erneute Vertreibung der RückkehrerInnen
Guatemala, 1. Okt. Der bewaffnete Konflikt in den 80er-Jahren zwang rund 1,5 Millionen GuatemaltekInnen zur Flucht im eigenen Land oder nach Mexiko. Heute, sechs Jahre nach der Unterzeichnung der Friedensabkommen und neun Jahre nach der ersten offiziellen Rückkehr einer Flüchtlingsgemeinde sehen sich viele dieser Personen erneut als Vertriebene: Entweder als temporäre ArbeitsmigrantInnen nach Mexiko oder definitiv, in die Vereinigten Staaten. Diese Form der Vertreibung trifft natürlich nicht nur die RückkehrerInnen, sondern generell die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffene Bevölkerung. Für die RückkehrerInnen ist es jedoch ein doppelter Schlag, wurde ihnen doch in den Friedensabkommen, speziell im Abkommen über die Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen, etwas anderes versprochen. Ein Beispiel ist die Rückkehrgemeinde Nueva Esperanza in Nentón, Huehuetenango. Rund 25% der Bevölkerung von Nueva Esperanza lebt heute in den Vereinigten Staaten, ein Fünftel davon sind Frauen. Bereits 1995, zwei Jahre nach der Rückkehr, zogen die Nichtregierungsorganisationen in der Gemeinde Nentón nach und nach ihre Unterstützung ab, nicht zuletzt, weil die Bevölkerung diesen Projekten sehr skeptisch gegenüberstand. Zwar erfüllte die Regierung einige der in den Abkommen eingegangenen Verpflichtungen, doch konnte auch sie nicht alle Bedürfnisse der RückkehrerInnen abdecken. Wachsende Arbeitslosigkeit und mangelnde Ressourcen "vertreiben" im wahrsten Sinne des Wortes nicht nur die Bevölkerung von Nueva Esperanza, sondern viele RückkehrerInnen im ganzen Land. Zwar wurde in einigen Fällen den zurückgekehrten Leuten Land überschrieben, doch es fehlte ihnen an Geld oder dem notwendigen technischen Wissen, um dieses zu bearbeiten. Porfirio Aguilar Gutiérrez, der in einer RückkehrerInnengemeinde in Escuintla lebt und Mitglied der Versammlung der entwurzelten Bevölkerung (ACPD) ist, nennt ein anderes Beispiel mangelnder staatlicher Verantwortung: Die AGPD hat sich in den letzten Jahren vor allem für den Bau von Wohnhäuser für seine Mitglieder eingesetzt. Über den guatemaltekischen Fonds für Wohnungsbau (FOGUAVI) wurde ihnen von der Regierung im Jahr 2001 eine Summe von 200 Mio. Quetzales zugesprochen. Nach oben |
Bis heute wurde der AGPD erst 80 Mio. Quetzales ausbezahlt und viele der Häuser sind noch nicht fertig gebaut. Trotzdem bezeichnet die Regierung das Projekt als beendet: "5748 Familien wurden begünstigt und falls es noch mehr Familien gibt, die berücksichtigt werden müssten, muss dies eine andere Instanz machen. Das Projekt ist fertig und auch Familien, deren Haus noch nicht fertig ist, müssen für die Fertigstellung des Baus bei einer anderen Instanz vorstellig werden", sagte Saúl Valdés, juristischer Berater von FOGUAVI. Am 5. August dieses Jahres legte die ACPD Präsident Portillo einen Nationalen Entschädigungsplan vor, zur weiteren Verhandlung ans Friedenssekretariat (SEPAZ), die Präsidiale Menschenrechtskommission (Copredeh) und ans Sekretariat für strategische Analysen (SAE) delegiert wurde. Auf dem Verhandlungstisch liegen sieben Punkte, darunter auch das Thema der finanziellen Entschädigung der Opfer von Menschenrechtsverletzungen während des bewaffneten Konfliktes. Dies ist ein sehr polemischer Punkt, in dem die Regierung von Anfang an Widerstand geleistet hat mit der Begründung, eine Entschädigungszahlung sei viel zu kompliziert und jenseits der finanziellen Möglichkeiten des Staates. Das Thema hat nun an Komplexität zugenommen, seit die Regierung mit den ehemaligen Zivilpatrouillen über eine Entschädigung für deren "geleistete Dienste" verhandelt. Der AGPD rät die Regierung, die Fälle einzeln vor die Iberoamerikanische Menschenrechtskommission zu bringen, die je nach dem eine Entschädigung als gerechtfertigt evaluieren wird, deren konkrete Bezahlung dann (wiederum individuell) mit der Regierung verhandelt werden könne. Im Fall der Ex-Pac wurde die ursprünglich versprochene Summe von 12 Quetzales pro Monat geleistetem Dienst nach Protesten der betroffenen Ex-Pac bereits auf 150 Quetzales pro Monat erhöht... |
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