Die sichere Hölle
Fijáte 263 vom 3. Juli 2002, Artikel 8, Seite 5
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Die sichere Hölle
Guatemala, 17.Juni. Noch ein Jahr nach einer der grössten Gefängnisausbrüche in der Geschichte Guatemalas herrscht unter den Behörden keine Einigkeit über den Vorgang. Vor zwölf Monaten waren 78 Gefangene aus dem Hochsicherheitsgefängnis "Die Hölle" in Escuintla ausgebrochen und hatten das Land für einige Wochen in Angst und Schrecken versetzt. Der derzeitige Stand der Dinge ist unsicher: 14 bzw. 18 von den wegen Schwerstverbrechen einsitzenden Personen sollen noch auf der Flucht sein, 10 oder 11 seien tot und 50 bzw. 53 sind wieder gefasst. Die Verantwortlichen in der Nationalbehörde des Strafsystems SNP versichern, dass es keine weiteren Fluchtversuche geben wird, da die Sicherheitsnormen verändert wurden und nun "unverletzbar" seien. Zudem hätte man neue Kontrollmassnahmen eingeführt, die die Angestellten, die Gefangenen und die BesucherInnen betreffen. Eine besondere Weiterbildung für das Personal soll ausserdem für eine verstärkte Sicherheit in den Gefängnissen sorgen. Man ist sich sicher, dass "Die Hölle" weiterhin eines der sichersten Gefängnisse des Landes sei und die Ereignisse, die sich in diesen Tagen jähren, nur möglich gewesen seien, weil die Insassen Unterstützung von Seiten der Gefängnisverwaltung bekommen hätten. Der Erfolg der Flucht sei also nicht auf architektonische Mängel des Anstaltskomplexes zurückzuführen. Doch gemäss Adela Torrebiarte von den Madres Angustiadas haben die Behörden das Interesse daran verloren, die noch flüchtigen Schwerstverbrecher wieder zu fassen. Wie Torrebiarte sind auch VertreterInnen der Presse der Meinung, dass der erwähnte Ausbruch nicht nur ein deutliches Zeichen für die Debilität des guatemaltekischen Justizsystems ist, sondern dass das Land einer Mafia ausgeliefert ist. Für niemanden sei ein Geheimnis, dass die Korruption im Strafsystems Rückenwind hat, genauso, wie in den anderen Abteilungen des Regierungsministeriums. Im Tagesblatt El Periódico wird festgestellt, dass die Flucht von vor einem Jahr sich jeden Moment wiederholen könne, mit dem selben Ziel: die gefährlichen Delinquenten zu befreien, die das organisierte Verbrechen für neue Streiche aus der Haft entlassen haben will, oder aber auch zu verhindern, dass die hohen Tiere angeklagt werden. Nach oben |
Weder der Präsidialdirektor noch die Nationale Zivilpolizei PNC fühlen sich in der Lage, die Sicherheit der Gefängnisse zu garantieren. "Wir können nicht sagen, dass es nicht noch einmal zu einer Flucht kommen wird, aber die Risiken vermindern sich,", so ein Sprecher der PNC. Staatsanwalt Alfredo Vásquez Menéndez lässt sich derweil auf eine Auseinandersetzung ein, da das Berufungesgericht das gefällte Urteil annulliert hat, in dem die angeklagten Wächter der Kollaboration mit den 78 geflüchteten Insassen im letzten Jahr verurteilt worden waren. Die Strafen von fünf Jahren Gefängnis für den Direktor, dessen Vertreter und den Schlüsselwächter jener Haftanstalt, seien sehr gering und könnten mit fünf Quetzales pro Tag Haft verhindert werden - das wären um die sechs Tausend Quetzales. Deswegen fordert der Anwalt eine Neuaufnahme des Falles. Darum, in das neu erbaute und entsprechend 'sichere' Gefängnis verlegt zu werden, baten Untersuchungsgefangene in Sololá. Ihre Bitte begründen sie mit den miserablen Haftbedingungen, denen sie zur Zeit ausgesetzt sind: Nur einmal pro Woche Hofspaziergang, kleine Räume, in denen sie zu zweit eine Pritsche teilen, während immer noch Häftlinge am Boden schlafen müssen. Auch die sanitären Einrichtungen seien absolut prekär. Die Untersuchungsgefangenen seien sich bewusst, dass ihre Bewegungsfreiheit im Gefängnis eingeschränkt sei, doch diese Zustände seien unter der Würde eines jeden Menschen, protestierten sie. Der Gefängnisdirektor bat die Gefangenen um 'etwas Geduld' bis auch die Strasse, die zum neuen Gefängnis führt, asphaltiert sei. |
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