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Zur Situation der Maya-Bewegung in Guatemala

Fijáte 404 vom 20. Feb. 2008, Artikel 1, Seite 1

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Zur Situation der Maya-Bewegung in Guatemala

C.G.B.: Rigoberta Menchú hat ihre Kampagne auf einer schwachen Basis aufgebaut und ging zu optimistisch ans Werk. Es ist im Moment schwierig vorauszusehen, ob sie und ihre Gruppe sich erholen und in Zukunft zu einer wesentlichen Kraft im indigenen politischen Diskurs werden.

Es scheint mir, dass Rigoberta Menchú im Ausland mehr Prestige geniesst als in Guatemala selber. Hier erstarkte eine Gruppe von Maya-Frauen, die aus ländlichen Regionen stammen und die mit ihren Familien Opfer der Verbrechen der VGMilitärsNF waren. Zu ihnen gehört zum Beispiel VGRosalina TuyucNF, die zwar nicht mehr über die Militanz und Sichtbarkeit vergangener Jahre verfügt, die aber eine Maya-Frauenbewegung vorangetrieben hat, aus der zukünftige Führungspersönlichkeiten hervorgehen können.

Im Moment ist es schwierig, von einer Maya-Bewegung zu sprechen, weil es viele grössere oder kleinere Einzelgruppen gibt, die miteinander um einen Führungsanspruch ringen. Dies führt zu permanenten Zusammenstössen, unnötigem Kräfteverschleiss und verzögert eine Einigkeit, die ein Vorwärtskommen versprechen könnte. Die leitenden Persönlichkeiten dieser Gruppen beanspruchen die Führung über alle, und es gibt nicht wenige unter diesen realen oder selbsternannten Maya-FührerInnen, die von den neoliberalen Regierungen vereinnahmt und von diesen für ihre propagandistischen Zwecke missbraucht werden.

Solange also die internen Streitereien von den neuen und jüngeren Generationen nicht überwunden werden, wird es keinen realen Fortschritt geben.

Argenpress: Gemäss den Prognosen des US-amerikanischen VGGeheimdienstesNF sind die spontanen sozialen Bewegungen Lateinamerikas wie z.B. die Piqueteros, die Landlosenbewegung, die BäuerInnenbewegungen gegen die Freihandelsabkommen etc. die grössten Feinde für die geopolitischen Interessen der USA. Unter all diesen Bewegungen fürchten sie die Indígenabewegungen am meisten. Weshalb?

C.G.B.: Zweifellos könnte sich die geopolitische Vision der USA verändern, wenn es eine interne Machtverschiebung gäbe und jemand wie Obama zum Präsidenten gewählt würde. Zuviel darf man sich nicht erhoffen, aber eine Regierung unter Obama wäre sicher sensibler bezüglich rassistischer und anti-indigener Vorurteile innerhalb der US-amerikanischen Politik.

So oft ich mich frage, weshalb die GringopolitikerInnen in der indigenen Bevölkerung Lateinamerikas ihren Hauptfeind sehen, den es auszumerzen gilt, so wenig weiss ich eine Antwort darauf. Aber es ist ihr Ziel, seit sie die Hegemonie über unsere Hemisphäre beanspruchen.

Vielleicht erklärt sich das Misstrauen den spontanen Bewegungen gegenüber damit, dass sie, so unorganisiert sie auch sind, die prekäre Stabilität der Regierungen ins Wanken bringen können, die die USA unterstützen. Das heisst, diese fürchten die sozialen Aufstände, die in Momenten der Angst und Verzweiflung von denen ausgehen, die nichts zu verlieren haben.

Ein Beispiel dafür ist der Caracazo (mehrtägiger Volksaufstand Ende Februar 1989, der vom damaligen Präsidenten VGVenezuelasNF, Carlos Andrés Pérez, brutal niedergeschlagen wurde, die Red.).

Argenpress: Die zapatistische Bewegung im mexikanischen VGChiapasNF, die schon länger als 10 Jahre existiert, hat starke indigene Wurzeln. Was bedeutet das, in einer historischen Perspektive und aus einem politischen und sozialen Verständnis heraus?

C.G.B.: Leider hat die zapatistische Bewegung ausserhalb ihres direkten Wirkungsradius stark an politischer und sozialer Kraft verloren. Die Politik der mexikanischen Regierungen bestand darin, die Bewegung zu isolieren und ihre Kommunikation mit dem Rest des Landes zu unterbinden, ohne sie jedoch direkt physisch anzugreifen.

Der eigentliche Guerillakampf der ZapatistInnen dauerte ja nur wenige Stunden, und ihre Bekanntheit im Ausland wuchs dank dem damals noch neuen Internet rasch. Die Mehrheit der MexikanerInnen kümmerte sich mehr um den politischen Wettkampf zwischen den Mestizen und vergass - der Rassismus stand dabei Pate - den Zapatismus, dem es an Projektion gegen aussen und Schutz gegen innen fehlte. Es war eine Guerilla zur falschen Zeit.

Die anderen Guerillas der Region beendeten ihren Kampf als die ZapatistInnen begannen und hatten zu ihren Zeiten starke ausländische Unterstützung. Die guatemaltekische Guerilla zum Beispiel wurde via VGMexikoNF bestens beliefert, umgekehrt war dies dann nicht der Fall.

Die Isolierung einer bewaffneten Gruppe ist die Präambel ihrer Liquidation. Wenn die Zapatisten nicht einen politischen Weg finden, werden sie ausgerottet wie der Urwald von Chiapas, und keine NachfolgerInnen haben. So traurig dies tönt, ist es weder pessimistisch noch fatalistisch gemeint.

Es gibt immer einen Ausweg, egal wie aussichtslos die Situation gerade erscheint.


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