Coloms Personalentscheidungen
Fijáte 407 vom 09. April 2008, Artikel 5, Seite 5
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Coloms Personalentscheidungen
Guatemala, 03. April. Nachdem Präsident Colom bereits auf den unteren Ebenen dafür gesorgt hat, dass ihm affine Leute und vor allem diejenigen, die ihn in seiner Wahlkampagne unterstützt haben, einen Posten in seiner Regierung bekommen, versucht er jetzt auch die oberen Reihen zu säubern. So wurde dem Generalprokurator Mario Gordillo in der letzten Märzwoche mitgeteilt, der Präsident wünsche seine Kündigung. Das Hauptargument, er stimme nicht mit der Ideologie der Regierung überein, wurde Gordillo gleich offenbart. Dieser sieht sich jedoch nicht zu einem Rücktritt vor Ablauf seiner Amtszeit im Mai 2010 gewillt und beruft sich dabei auf den Verfassungsartikel 252, laut dem es für eine Kündigung einen ordnungsgemäss begründeten und gerechtfertigten Grund brauche. Aber auch die vermeintlich inhaltlichen Argumente Coloms sind wenig stichhaltig. So wird Gordillo ein Interessenkonflikt vorgehalten, da seine Frau Richterin am Obersten Wahlgericht (TSE) sei. Zum einen jedoch haben das TSE und das Generalprokurat (PGN) überhaupt keinen gemeinsamen Nenner und nichts miteinander zu tun, zum anderen hat Gordillos Gattin ihr Amt später als er angetreten, wenn überhaupt müsste sie also gehen. Der Vorwurf der geringen Dynamik im Handeln der PGN entbehrt ebenfalls der Beweise. Und schliesslich scheinen auch Gordillos vermeintliche politische Intentionen mehr als an den Haaren herbeigezogen, er strebe 2009 einen Posten am Obersten Gerichtshof (CSJ) an und wolle bei den nächsten Präsidentschaftswahlen für die Vizepräsidentschaft kandidieren. Offiziell zog Colom aufgrund der "Sturheit" des Generalprokurators seine Rücktrittsforderung zurück, doch Gordillo wird jetzt anderweitig unter Druck gesetzt: Auf einmal werden von ihm innerhalb von 48 Stunden - anstatt der üblichen 72 - Berichte von bearbeiteten Fällen gefordert, die entweder in entfernten Regionen stattfanden oder wenig Relevanz für den täglichen Betrieb der PGN haben. Gordillo hat derweil beim Verfassungsgericht eine Rechtsschutzklage eingereicht. Grundsätzlich darf der Präsident die Person für die Leitung des Generalprokurats durchaus ernennen und zwar nach der rechtmässig abgelaufenen Amtszeit von vier Jahren und wenn dem/der Zuständigen bis dahin in Bezug auf seine/ihre Amtsführung rechtsmässig nichts vorzuwerfen ist. Gleichzeitig gehört nämlich das Generalprokurat neben dem Menschenrechtsprokurat (PDH), dem Rechnungshof (CGN) und der Generalstaatsanwaltschaft zu jenen staatlichen Organen, die die Arbeit der Regierung überwachen (sollen). Die Absetzung einer anderen zeitweilig durchaus zu den Schlüsselfiguren gehörenden Personen der Regierung verlief indes widerspruchslos: Präsident Colom ordnete nun an, den Vertrag von Victor Rivera alias "Zacarías", Berater im Innenministerium, nicht zu erneuern. Auch hier beeindruckt Colom mit einer äusserst vagen Aussage zur Erläuterung seiner Entscheidung, den seit gut 12 Jahren für die guatemaltekische Regierung arbeitenden Ermittler zu entlassen: "Er war sehr unabhängig. Das einzige Argument für seinen Abtritt ist die Unvereinbarkeit der Arbeit mit dem Team des Innenministeriums." Nach oben |
Rivera begann seine Arbeit indirekt für das Innenministerium unter Ex-Präsident Álvaro Arzú. Eingeladen vom Privatsektor nahm er sich der Ermittlungen von den damals zahlreichen Geiselnahmen an. In Folge war er auch für die Ex-Präsidenten Alfonso Portillo und Óscar Berger als Berater tätig. Der aus Venezuela stammende Rivera war dort bei der Polizei, ging dann als Berater der staatlichen Sicherheitsstrukturen nach El Salvador. In den 80er Jahren soll er zudem für die US-amerikanische CIA gearbeitet haben. In der guatemaltekischen Kriminalpolizei unterstanden ihm zuletzt acht Polizeioffiziere und zwei Verwaltungspersonen, eingesetzt wurde diese Einheit vornehmlich für Ermittlungen von Geiselnahmen, Morden und Erpressungen. Gleichzeitig wird Victor Rivera spätestens seit dem Mord an den salvadorianischen Abgeordneten des Zentralamerikanischen Parlaments (PARLACEN) und deren Chauffeur im Februar 2007 in Verbindung gebracht mit den parallelen Strukturen, die das Land beherrschen. Er selbst soll Anführer einer Todesschwadron sein (¡Fijáte! 380). Aufgrund seiner generell eher dunkel anscheinenden Machenschaften hatten vor allem Menschenrechtsorganisationen den Druck auf die Regierung erhöht, Rivera zu entlassen. Der Kommentar der ehemaligen Innenministerin Adela Torrebiarte steht stellvertretend für die geteilten Meinungen in Bezug darauf: Auf der einen Seite begrüsst sie den klaren Schritt Coloms, aktiv gegen mögliche parallele Strukturen innerhalb der Regierung vorzugehen. Zugleich hat sie Rivera als kompetenten und erfolgreichen Experten auf dem Gebiet der Verhandlung und Freilassung bei Geiselnahmen und anderen Schwerverbrechen kennen- und schätzen gelernt. |
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