Protest gegen Regierung geht weiter
Fijáte 220 vom 11. Okt. 2000, Artikel 3, Seite 3
Original-PDF 220 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 - 10 - 11 - 12 --- Nächstes Fijáte
Protest gegen Regierung geht weiter
Guatemala, 7. Oktober. Zum vierten Mal haben am Dienstag, 3. Oktober, rund 500 Personen vor dem Kongress ihre Unterstützung für General Ríos Montt und weitere FRG-Abgeordnete manifestiert, die beschuldigt werden, ein Gesetz über die Alkoholsteuer gefälscht zu haben. Es scheint, dass der FRG ziemlich effizient ist im Organisieren von DemonstrantInnen: Bereits vor einer Woche befanden sich in der Gruppe, die Ríos Montt unterstützte, vorwiegend Angestellte der Gemeinde von Chiquimula, die unter Kündigungsdrohungen dazu gezwungen wurden, an dieser Demonstration teilzunehmen. Laut Prensa Libre waren es diesmal Angestellte des Strassenbauministeriums, die von ihren Vorgesetzten zur Teilnahme an der Unterstützungsbekundung für Ríos Montt gezwungen wurden. Ihnen gegenüber, im Abstand von fünf Metern und getrennt durch einen Polizeikordon, standen rund 200 VertreterInnen von Menschenrechtsorganisationen, die den Rücktritt der beschuldigten Kongressmitglieder forderten, den Verzicht auf eine nur Regierungsmitgliedern vorbehaltene Voruntersuchung und die Unterstellung unter ein 'normales' Gericht. Während der Kundgebung kam es zu einem Zwischenfall, der vermutlich von Ríos Montt-AnhängerInnen provoziert wurde. Die Sekretärin einer nahegelegenen Knabenschule berichtete, dass bewaffnete Männer gewaltsam in die Schule eindrangen unter dem Vorwand, darin hielten sich "Guerilleros" versteckt. In einem am 27. September veröffentlichten, bezahlten Zeitungsinserat, versicherten Mitglieder der aufgelösten Zivilpatrouillen (PAC) Ríos Montt ihre volle Unterstützung, den sie als "Vertreter des Denkens und Fühlens des grössten Teils der guatemaltekischen Bevölkerung" und als "Opfer maquiavellistischer Manöver" bezeichneten. Gezeichnet war das Dokument von 40'000 ehemaligen Zivilpatrouillsten und BäuerInnen, die im Grenzgebiet zu Belize leben. In ihrem Inserat riefen die Ex-Patrouillsten die Führer und AnhängerInnen der FRG auf, die Reihen zu schliessen und ein gemeinsame Front zu bilden, die es "unseren obersten Führern erlaubt, in Sicherheit, Wohlstand und Gerechtigkeit zu regieren". Einen Tag später gab Regierungsminister Byron Barrientos die Existenz von "destabilisierenden Gruppen" bekannt, deren Ziel es sei, das Land in ein Chaos zu stürzen. Auch die Attentate gegen Nichtregierungsorganisationen wies er diesen "Gruppierungen" zu. Er wisse von einem Plan zur Destabilisierung der Regierung, ging aber nicht näher darauf ein, wer diese Gruppen sind und wie die Regierung dagegen vorzugehen gedenkt. Der Vizepräsident des Kongresses, Leonel Soto Arango, ging noch weiter als Barrientos und brachte die von diesem ins Spiel gebrachten "destabilisierenden Gruppen" in direkten Zusammenhang mit den Menschenrechtsorganisationen, die jeweils am Dienstag vor dem Kongress demonstrieren. Diese Information habe er von Regierungsminister Barrientos und Polizeichef Lecsan Merida, erklärte er. Weiter verurteilte Soto Arango die Proteste vor dem Kongress als illegal und forderte die Intervention der Regierung. "Diejenigen, die wirklich Frieden wollen, sind jene, die Ríos Montt unterstützen", erklärte er. Für Frank LaRue vom Menschenrechtszentrum CALDH ist der Kommentar Barrientos Teil eines ausgeklügelten Plans. "Unsererseits wissen wir von einem Plan der Regierung, den Belagerungszustand auszurufen und dazu sind die Delinquenz und die Attacken gegen die Volksorganisationen ein geeigneter Vorwand.", erklärte LaRue. Auch Mario Polanco von der Gruppe gegenseitiger Hilfe (GAM), wies die Beschuldigungen Soto Arangos zurück. Die FRG suche Gründe, um die Aufhebung der verfassungsmässigen Garantien zu rechtfertigen und das Recht auf freie Meinungsäusserung und auf Bewegungsfreiheit einzuschränken. Nach oben |
Auch die Koordination der Nichtregierungsorganisationen und Kooperativen (CONGCOOP), der ehemalige Präsidentschaftskandidat der ANN, Alvaro Colom und die Abgeordnete der Unionistas, Anabella de León, kritisierten die unkonkrete Äusserung Barrientos und forderten ihn auf, Beweise für seine Anschuldigungen vorzulegen. In einer Presseerklärung vom 2. Oktober machten die in der BürgerInnenbewegung für Gerechtigkeit und Demokratie zusammengeschlossenen 15 Menschenrechtsorganisationen Regierungsminister Barrientos für mögliche gewalttätige Auseinandersetzungen bei den "Dienstagsdemonstrationen" und für Anschläge auf VertreterInnen ihrer Organisationen verantwortlich. Sie bezeichneten die Aussagen von Barrientos und Soto Arango als Teil eines psychologischen Kriegs gegen ihre Organisationen, dessen Ziel es sei, sie einzuschüchtern und die Anschläge gegen sie zu rechtfertigen. Worauf Byron Barrientos seine Aussage relativierte und noch einmal betonte, dass er zwar von "destabilisierenden Gruppen" gesprochen habe, diese jedoch nie in Zusammenhang mit den Menschenrechtsorganisationen gebracht habe. Er habe sich vielmehr auf die Maras (Banden) bezogen, erklärte er und präsentierte ein anonymes Schreiben, das er am 25. September bekommen hatte, in dem es wörtlich hiess: "Man muss die Untersuchungen verstärken und Razzien machen bei den Maras, die ihre Dienste anbieten, um sich unter die Demonstrierenden zu mischen und zu provozieren." Doch die Stimmung war genug geschürt: Am 7. Oktober wurde auf Ricardo Lobo, Führungspersönlichkeit der sozialen Bewegung und Mitinitiator der 'Dienstagsproteste', ein Attentat verübt. Der Auslöser, der zu diesem ganzen Aufruhr geführt hatte, nämlich die Fälschung des Alkoholgesetzes, ist für den Moment aus den Nachrichten verschwunden, was ja wohl auch das Ziel der Aktion war. Einzig der Präsident des Obersten Gerichtshofs (CSJ), gab bekannt, dass er weitere fünf Tag brauche, um herauszufinden ob der Einspruch gegen Augusto López Rodas, (der die Untersuchung gegen die 22 FRG-Abgeordneten leiten sollte), wegen Verwandschaftlichkeit mit dem PAN-Generalsekretär Leonel López Rodas, gerechtfertigt ist. |
Original-PDF 220 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 - 10 - 11 - 12 --- Nächstes Fijáte