Unbefriedigende Gesetzesvorlagen
Fijáte 222 vom 8. Nov. 2000, Artikel 10, Seite 6
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Unbefriedigende Gesetzesvorlagen
Guatemala, 4. November. Um wenigstens ein Minimum ihrer Wahlversprechen noch dieses Jahr zu erfüllen, setzt die Regierungspartei FRG alles daran, vor Jahresende noch ein paar Gesetze zu verabschieden. Darunter das Wahlgesetz, da schon bald wieder die Vorbereitungen für den nächsten Wahlkampf beginnen, das Waffengesetz, das Gesetz zum Schutz der KonsumentInnen und ein paar andere. Die Bedenken der Menschenrechts- und Volksorganisationen sowie der linken PolitikerInnen im Kongress sind, dass durch die Eile, mit der die Gesetze nun behandelt werden, nicht wieder gut zu machende Irrtümer gesetzlich verankert werden. Ebenso befürchten sie, dass Gesetze verabschiedet werden, die den Friedensabkommen widersprechen. Z.B. das neue Waffengesetz: Der vom FRG-Abgeordneten Gustavo Lang eingereichte Vorschlag will das Mindestalter zum Erwerb und Tragen einer Waffe von 25 Jahren auf 18 Jahre heruntersetzten. Die Begründung: Mit 18 Jahren erreicht man in Guatemala die Volljährigkeit und ist berechtigt zu heiraten, Häuser und Grundstücke zu kaufen und zu verkaufen - weshalb also nicht auch, Waffen zu kaufen und zu tragen? Die GegnerInnen argumentieren damit, dass Guatemala eine ausserordentlich gewalttätige Gesellschaft sei, die erst vor kurzem einen bewaffneten Konflikt beendet habe. Die Werte, nach denen sich die Gesellschaft richte, sei noch weit entfernt von einer Kultur des Friedens, heisst es. Weiter stellen sie fest, dass gerade bei männlichen jungen Erwachsenen das Tragen einer Waffe Teil ihrer Identifikation als Macho sei, was ja nicht unbedingt unterstützt werden müsse. Z.B. das neue Wahlgesetz: Vorgeschlagen wird, in Zukunft den Parteien 10 Quetzales (ca. 0.75 US-$) statt wie bisher nur 2 Quetzales pro erhaltener WählerInnenstimme zu bezahlen. Weiter muss eine Partei neu 5% statt wie bisher 4% der gesamten Stimmen auf sich vereinen, um nach einem Wahlprozess als Partei weiterbestehen zu können. In diesen Punkten waren sich die verschiedenen Parteien einig. Einig war man sich auch bei der Ablehnung einer Quotenregelung für Frauen und Indígenas. Jorge Arévalo, Leiter der vorberatenden Kommission des Kongresses, erklärte dazu: "Wir können keine Quotenregelung einführen. Wenn wir einmal damit beginnen, müssten wir für jeden Sektor eine Quote einführen, sogar für die Schuhmacher." Uneinigkeit herrscht jedoch in der Frage des Platzes in den Medien, den die Parteien für ihre Kampagne einnehmen dürfen. Ebenso darüber, ob die Regierung am Wahltag Gratistransport zur Verfügung stellen muss und über die Mindestanzahl der eingeschriebenen Mitglieder, die eine Partei haben muss. Der weitaus umstrittenste Punkt ist die Rolle des Obersten Wahlgerichts (TSE). Gefordert wird, die Amtszeit der Mitglieder des TSE von sechs auf vier Jahre zu reduzieren. Ausserdem soll die Autonomie dieser Behörde eingeschränkt werden. Nach oben |
Félix Castillo Milla, Präsident des TSE, lehnt die Änderungsvorschläge rundweg ab. Eine Neuwahl der Mitglieder des TSE alle vier Jahre wäre viel zu stark von der jeweiligen politischen Konjunktur abhängig, erklärte Castillo Milla, damit wäre auch die Unabhängigkeit dieser Instanz gefährdet. Weiter kritisiert er, dass der TSE nicht eingeladen wurde, an der Ausarbeitung des neuen Gesetzesentwurfs mitzuarbeiten. Die Tatsache, dass das Oberste Wahlgericht, genau wegen seiner relativen Autonomie, das Vertrauen der Bevölkerung geniesst, hat eine Solidaritätswelle innerhalb der Zivilgesellschaft ausgelöst. An einer gemeinsamen Pressekonferenz haben VertreterInnen der Lateinamerikanischen Fakultät für Sozialwissenschaften (FLACSO), die Menschenrechtsorganisation CALDH und die Acción Ciudadana dem TSE ihre Unterstützung versichert und eigene Vorschläge für ein neues Wahlgesetz präsentiert. Das Ziel des Kongresses ist, bis Ende November das Wahl- und das Waffengesetz zu verabschieden. |
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