'Guate-Gate' im Kongress
Fijáte 216 vom 16. Aug. 2000, Artikel 8, Seite 5
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'Guate-Gate' im Kongress
Guatemala, 10. August. In seiner Sitzung vom 27. Juli verabschiedete der Kongress ein Gesetz über die Alkoholsteuer. Laut diesem sollen in Zukunft auf destillierten Alkohol 20%, auf Wein 10% und auf Mineralwasser 1% Steuern erhoben werden. Tags darauf veröffentlichte jedoch das Amtsblatt andere Zahlen: Da hiess es nämlich, die Steuer auf destilliertem Alkohol betrage 10%, auf Wein 4,18% und auf Mineralwasser 0,2%. Diese Verfälschung der Zahlen führte zu einem politischen Skandal, in den sowohl die Legislative wie die Exekutive verwickelt ist. Um den Beweis einer Fälschung vorzubringen, verlangten VertreterInnen der Partei der Nationalen Allianz (PAN) und der Unionistas die Videoaufnahmen und schriftlichen Protokolle besagter Sitzung einzusehen. Worauf sie feststellen mussten, dass die Videoaufnahmen bereits überspielt waren und ihnen die Einsicht ins Protokoll verweigert wurde. (Interessanterweise gibt es noch Aufnahmen von früheren Kongressitzungen, was bedeutet, dass die Bänder nicht chronologisch überspielt werden. Weiter soll es Beweise dafür geben, dass Abgeordnete der FRG am frühen Morgen des 28. Juli das Protokoll gefälscht haben.) Während die PAN und die Unionistas bei der Staatsanwaltschaft Anzeige gegen die ihrer Meinung nach für die Fälschung verantwortlichen Abgeordneten der FRG, unter ihnen Kongresspräsident Ríos Montt, einreichten, beharrt die FRG darauf, dass alles mit rechten Dingen zu und her gegangen sei. Laut Ríos Montt sind die Änderungen im Plenum vorgenommen worden: Nachdem schon über das Gesetz abgestimmt gewesen sei, habe eine Gruppe Kongressabgeordneter eine Revision verlangt, die zu den später veröffentlichten Zahlen geführt habe. Ein paar Tage später haben aber JournalistInnen der Tageszeitung Prensa Libre bekanntgegeben, sie verfügten über Tonbandaufnahmen von dieser Sitzung. Auf den Aufnahmen verliesst die FRG-Abgeordnete Zulema Paz de Rodríguez nach der Schlussabstimmung den neuen Steueransatz für alkoholische Getränke: 20% auf destilliertem Alkohol, 10% auf Wein und 1% auf Mineralwasser. Weitere Aufnahmen über eine Diskussion oder Revision des Beschlossenen gibt es nicht. Nach oben |
Obwohl eine Tonbandaufnahme ein ziemlich eindeutiges Beweisstück darstellt, beharren die FRG-Abgeordneten auf ihrer Version und zweifeln ihrerseits die Echtheit des Tonbandes an. Ríos Montt fühlt sich durch die Anschuldigungen nicht in die Enge getrieben. Falls er schuldig sei, ginge er ins Gefängnis, könne aber kein Beweis gegen ihn erbracht werden, würde er dafür sorgen, dass diejenigen, die ihn anklagen, ins Gefängnis wanderten, erklärte er. Tatsache ist aber, dass sich die FRG eine ziemliche Peinlichkeit geleistet hat und dass insgesamt 18 ihrer Abgeordneten mit dem Vertrauensentzug im Kongress und einer Strafklage rechnen müssen. Dadurch würde die FRG die Mehrheit im Kongress verlieren. Ist dies nun bloss ein journalistischer Füller fürs Sommerloch oder steckt mehr dahinter? KritikerInnen sind sich einig darüber, dass ein solcher Skandal das Vertrauen der Bevölkerung in den Kongress schwächt. Es wird auch befürchtet, dass die Steuerreform, deren Voranschreiten allgemein als positiv bewertetet wird, in Mitleidenschaft gezogen wird. Die FRG hat sich mit der Fälschung des Alkoholgesetzes klar auf die Seite des Wirtschaftsektors geschlagen und somit die Begleitkommission des Finanzpaktes und das Kollektiv der sozialen Organisationen umgangen und vor den Kopf gestossen. |
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