Alles neu macht der (1.) Mai?
Fijáte 334 vom 11. Mai 2005, Artikel 2, Seite 4
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Alles neu macht der (1.) Mai?
Der 1. Mai wurde in Guatemala zum ersten Mal im Jahre 1921 als ,,Tag der Arbeit" gefeiert. In der entsprechenden Erklärung hiess es: ,,Die Akzeptanz dieses Tages seitens der ArbeiterInnenklasse bedeutet, auch wenn das viele nicht verstehen wollen, dass unser Proletariat der weltweiten ArbeiterInnenbewegung die Hand reicht". Zwischen 1920 und 1930 entstanden in Guatemala mehr als 90 ArbeiterInnenorganisationen. Der Streik als ein Druckmittel der ArbeiterInnen gegenüber ihren Patronen war bis 1920 quasi unbekannt. Zwischen 1920 und 1926 jedoch wurden 19 Streiks durchgeführt. Mit der Machtübernahme durch Jorge Ubico im Jahr 1931 begann eine erste Repressionswelle gegen die organisierten ArbeiterInnen. Während der 10 Jahre der guatemaltekischen Revolution (1944 1955) erholten sich die Gewerkschaften und erklärten den Regierungen von Juan José Arévalo und Jacobo Arbenz ihre volle Unterstützung. Mit dem Sturz von Arbenz begann jedoch erneut die Repression gegen alle, die sich irgendwie organisierten. Entsprechend hiess es z. B. in den Forderungen der katholischen Arbeiterjugend zum 1. Mai 1957: ,,Wir wollen soziale Gerechtigkeit, die mehr ist als ein miserables Almosen, das unter einer falschen Interpretation von Barmherzigkeit abgegeben wird. Wir wollen eine soziale Gerechtigkeit, die auf Liebe und Verständnis basiert." Die darauf folgenden Regierungen trugen mit ihrer jeweiligen Politik das Ihre dazu bei, dass diese Art von Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit ,,chronisch" wurde. Am 1. Mai 1961 proklamierte die Gewerkschaft der Mechaniker und Metallarbeiter: ,,Wir kämpfen gemeinsam für eine bessere Zukunft, für bessere Lebensbedingungen, für die Senkung der Mieten, gegen zusätzliche Steuern, für mehr und bessere Schulen, für die Überschreibung des Landes an diejenigen, die es bearbeiten, für eine soziale Sicherheit, die jegliche Art von Risiken mit einschliesst." Der Guatemaltekische Gewerkschaftsrat verbreitete am 1. Mai 1964 die Forderung nach einer Revision des Programms für sozialen Wohnungsbau, welches von ihm als fehler- und mangelhaft kritisiert wurde. Gleichzeitig lehnte er die Vorverurteilung der organisierten BäuerInnen und ArbeiterInnen als ,,subversive und kommunistische Elemente" strikt ab. 1978 begann eine erneute Repressionswelle gegen die StudentInnen und ArbeiterInnen. So hiess es im GuerillaBulletin Revolución popular (Volksrevolution) zum 1. Mai jenes Jahres: ,,Dies ist nicht bloss ein weiterer 1. Mai, sondern ein Ausdruck der historischen Avantgarde der ArbeiterInnen und ihres Kampfes". Im Jahr 1983 erklärte das Ejército Guerillero de los Pobres (EGP) anlässlich des 1. Mai ihren Kampf gegen die ,,nordamerikanische Intervention, die völkermörderischen Regierungen und gegen die Politik der Aufstandsbekämpfung". 1987 forderte das Komitee der BäuerInneneinheit CUC anlässlich des 1. Mai die Auflösung der Zivilpatrouillen sowie der Modelldörfer und insistierte auf das Recht auf ein würdevolles Gehalt und die Senkung der Lebenskosten. Nach oben |
Weiter sprach es sich gegen die Diskriminierung der indigenen Bevölkerung aus und forderte eine Erklärung über den Verbleib der Verschwundenen. Ferner hiess es im 1. Mai-Communiqué der CUC anno 1987: ,,Es sind nun 15 Monate vergangen seit die neue Regierung ihr Amt angetreten hat, ohne dass sie auch nur eins ihrer Versprechen eingelöst hätte". An der 1. Mai-Demonstration 2005 in der guatemaltekischen Hauptstadt nahmen gemäss Presseangaben mindestens 7´000 Personen teil. Die Hauptenliegen waren bei fast allen teilnehmenden Gewerkschaften und Gruppierungen die Kritik am unterzeichneten Freihandelsabkommen TLC mit den Vereinigten Staaten sowie das vor der Ratifizierung stehenden Konzessionsgesetz, das einer Privatisierung des öffentlichen Dienstes und der Staatsfunktionen gleichkommt (siehe ¡Fijáte! 333). Die Gewerkschaft der zentralen Getränkeabfüllfabrik (STECSA) schreibt auf ihrem Flugblatt: ,,Aufgrund der Unfähigkeit der Regierung von Oscar Berger, der statt Präsident eines würdevollen Volkes, der Clown der nationalen und internationalen Presse und der Hampelmann der USA ist, rufen wir die Bevölkerung zu Einheit und Widerstand auf, um gemeinsam die Erfüllung der Versprechen der Wahlkampagne zu fordern." Der LehrerInnenblock Silvio Matricardi fordert eine laizistische, unentgeltliche, obligatorische und demokratische Schulbildung, während die Gewerkschaftsunion CGTG das Recht auf gewerkschaftliche Organisation und Kollektivverträge fordert und sich gegen die Erhöhung der Gehälter der Staatsangestellten aussprach. Vergleicht man also die diesjährigen Forderungen der ArbeiterInnenbewegung zum 1. Mai mit denen der letzten 84 Jahre, kommt man zum Schluss, dass es statt ,,alles neu macht der Mai" wohl eher ,,alle Jahre wieder" heissen müsste. |
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