Angriffe gegen RichterInnen
Fijáte 334 vom 11. Mai 2005, Artikel 4, Seite 5
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Angriffe gegen RichterInnen
Guatemala, 25. April. In den letzten Monaten erhielten in Guatemala zahlreiche ExponentInnen des Justizsektors Morddrohungen, was den Obersten Gerichtshof (CSJ) dazu veranlasst hat, insgesamt 25 RichterInnen Sicherheitsschutz zu garantieren. Der Präsident des CSJ sowie dessen Sicherheitsverantwortlicher, Angel Conte Cojulún, erklärten, dass sich der Schutz nicht bloss auf Leibwächter und Fahrzeuge mit getönten Scheiben für die bereits bedrohten RichterInnen beschränke, sondern dass auch eine Schnelleingreiftruppe gebildet werde, die jederzeit in brenzligen Situationen zur Stelle sein könne. Sie gaben jedoch im selben Atemzug zu, dass es wohl eher schwierig sein würde, RichterInnen, die im Landesinnern arbeiten, auf diese Weise zu schützen. Insgesamt sollen 181 PolizistInnen abbestellt werden, um diesen Sicherheitsdienst zu leisten, was rund US-$ 3,5 Mio. kostet. Das Thema der Drohungen gegen RichterInnen und Justizpersonal erhielt neuen Zündstoff, nachdem am 23. April ein Richter höchster Kategorie von Chiquimula, José Víctor Bautista Orozco, frühmorgens beim Verlassen seines Hauses erschossen wurde. Das Gericht, für das Bautista Orozco arbeitete, ist zuständig für Fälle, in denen es um Drogenhandel, Entführung, Ermordung, Geldwäsche, Bankraub etc. geht. Im Jahr 2002 war Baustista Orozco in die Verurteilung von 16 Agenten des unterdessen aufgelösten Anti-Drogen-Departements DOAN involviert, die der aussergerichtlichen Hinrichtung schuldig befunden wurden. Einer der aktuellen Fälle, die von Bautista Orozco behandelt wurden, ist der der Finca Corozo, Mazatenango im Departement Suchitepéquez, auf der Ende Januar im Rahmen gewalttätiger Auseinandersetzungen zwischen dem Besitzer, dem Sicherheitspersonal und den die Finca besetzenden BäuerInnen sieben Landarbeiter umgekommen sind. Gleichwohl geht man nicht davon aus, dass dieser Fall der Grund für die Ermordung des Richters ist. Bautista Orozco ist der dritte Richter, der im Verlauf dieses Jahres umgebracht wurde. Nur drei Tage vor diesem Mord entkam José Antonio Meléndez Sandoval, Richter in Malacatán, San Marcos, einem Mordanschlag. Gemäss Aussagen der Analystin Carmen Aida Ibarra von der Stiftung Mirna Mack sind diese Anschläge Ausdruck einer politischen Gewalt, ausgeübt von Personen, die mit dem Drogenhandel und dem organisierten Verbrechen in Verbindung stehen und deren Ziel es ist, die Straflosigkeit aufrecht zu erhalten, ein Klima der Unregierbarkeit zu erzeugen und zu beweisen, dass der Staat unfähig ist, der Gewalt etwas entgegen zu setzen. Nach oben |
Die nationale Vereinigung der RichterInnen (ANJM) forderte, dass die rund US-$ 14 Mio., die im Jahr 2003 bei einer Grossrazzia im Drogenbusiness beschlagnahmt wurden, ohne das bisher von offizieller Seite bekannt gegeben wurde, was mit diesem Geld geschehen soll bzw. ist, für die Sicherheit der RichterInnen eingesetzt werden. Leopolodo Liu, Spezialrichter für Drohungen gegen Justizpersonal, schlug derweil vor, dass die Richter bei den Verhandlungen ihre Gesichter verdeckt halten sollen, damit ihre Identität verborgen bleibe und sie so vor Racheakten geschützt seien. Diese Massnahme wird jedoch von verschiedenen Seiten kritisiert und als ein Rückschritt im Demokratisierungsprozess des Justizwesens sowie als eine Verletzung der Verfassung bezeichent. Die "gesichtslosen" Richter wurden während der Diktatur von Rios Montt eingesetzt um Massenprozesse durchzuführen. |
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