Hausbesetzung in Guatemala-Stadt
Fijáte 313 vom 30. Juni 2004, Artikel 4, Seite 4
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Hausbesetzung in Guatemala-Stadt
Guatemala, 19. Juni. Seit dem 4. Juni besetzt die Gruppe Anti-imperialistischer Block Autonome Gemeinde ein Gebäude in der Zone 1 der Hauptstadt. Es handelt sich dabei um die Räumlichkeiten, in denen in den 70er-Jahren der Club Americano untergebracht war und später die Büros der Migrationsbehörden. Mit der Aktion erinnern die BesetzerInnen an die Invasion der Vereinigten Staaten vor genau 50 Jahren (27. Juni 1954), deren Ergebnis die Absetzung der Regierung von Jacobo Arbenz auf grund einer militärischen Konspiration war. Erneut übernahm das Militär mit Carlos Castillo Armas die Macht. Jegliche sozialen Errungenschaften der Oktoberrevolution gingen entgegen der Bedingung, die Arbenz mit seinem Rücktritt stellte, verloren. So war der Grund gelegt für den Beginn erneuter Ausbeutung und Unterdrückung sowie politischer Repression. Mit ihrer Manifestation solidarisiert sich der Anti-imperialistische Block gleichzeitig zugleich mit der aktuellen BäuerInnenbewegung gegen die gewaltsamen Landräumungen. In ihrem Kommuniqué unter dem Titel ,,50 Jahre nach der Yankee-Invasion" heisst es u.a.: ,,Wir, junge Frauen und Männer, besetzen diesen Ort, weil wir genug haben von der Ungerechtigkeit und der permanenten Verleugnung unserer Existenz. Wir protestieren gegen einen Staat, der soziale, wirtschaftliche und militärische Strukturen aufrecht erhält, welche Gewalt und Ungleichheit fördern. All dies ist ein Erbe der Yankee-Invasion: Die vom Norden eingesetzten Militärregierungen, der Terror, die Politik der ,,verbrannten Erde", die zum Schweigen gebrachten Jugendlichen, StudentInnen und Berufsleute, nur weil sie laut und deutlich sagten, was sie dachten. Seit dieser Zeit birgt die Erde in unserem Land die Reste derjenigen, die sich trauten, von einem anderen Guatemala zu träumen. Guatemala ist immer noch ein zum Schweigen gebrachtes Land, in dem die Wahrheit manipuliert und in dem die freie Meinungsäusserung mit Repression beantwortet wird. Das Verschliessen von Freiräumen politischer Partizipation betrifft die ganze Gesellschaft, aber in erster Linie die Jugend, deren Bedürfnisse nach Einflussnahme und alternativen Organisations- und Ausdrucksformen immer grösser werden." Die Forderung der BesetzerInnen ist, dass ihnen das Gebäude übergeben wird, um einen Raum zu haben, wo sie alternative Politikformen ausprobieren und leben können: Horizontale und unabhängige Politikformen, ohne Protagonismus und ohne Herrschaft. Ein Mitglied der Autonomen Gemeinde meinte gegenüber der Nachrichtenagentur Cerigua: ,,Wir haben viel über Autonomie und Selbstbestimmung diskutiert. Wir glauben, dass wir von aussen zu Bequemlichkeit, Zersplitterung und Viktimisierung manipuliert werden. Man will uns weismachen, dass wir unsere Gesellschaft nicht verändern könnten, weil wir arm seine, keine Bildung hätten und nichts wüssten. Nach oben |
Wir aber sind davon überzeugt, dass wir genau aus dieser Position heraus eine andere Welt aufbauen können." Bisher haben sich die Behörden zu den Forderungen der BesetzerInnen noch nicht geäussert. Fast jeden Tag finden politische und kulturelle Aktivitäten in der Casa Tomada (besetztes Haus) statt. Ausserdem werden Informationen und ZeugInnenaussagen gesammelt über die Rolle der Migrationsbehörde während des bewaffneten Konflikts und über in dem Gebäude begangene Menschenrechtsverletzungen. Laut Angaben der BesetzerInnen waren sie anfangs 40 Personen, unterdessen haben mehr als 600 Leute auf unterschiedliche Art an den Aktionen teilgenommen, die von der Casa Tomada organisiert werden. Unterstützt werden sie u.a. von den Jugendlichen der Verschwundenenorganisation FAMDEGUA, von den Töchtern und Söhnen für Identiät und Gerechtigkeit, gegen das Vergessen und Schweigen, HIJOS, vom Christlichen Jugendverband, von den Jugendorganisationen der Parteien ANN und URNG und von der StudentInnenkoordination CEU. |
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