Zustand der Unregierbarkeit dauert an
Fijáte 233 vom 18. April 2001, Artikel 6, Seite 5
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Zustand der Unregierbarkeit dauert an
Guatemala, 11. April. Die grosse Diskrepanz zwischen den Forderungen der Bevölkerung und den Taten der Regierung, hat den Legitimitätsverlust der Regierung und einen Zustand der Unregierbarkeit zur Folge. Ausdruck davon sind die vermehrt auftretenden Fälle von Lynchjustiz (durchschnittlich einer pro Woche), aber auch zahlreiche, meist friedlich verlaufende Demonstrationen breiter Bevölkerungsschichten: Mit dem Slogan "Eine Familie ohne Haus ist eine Familie ohne Frieden" demonstrierte Ende März eine Gruppe demobilisierter KämpferInnen der URNG und intern Vertriebener vor dem Gebäude des Friedenssekretariates (SEPAZ) für die Einhaltung der Friedensabkommen. Speziell forderten sie die sofortige Umsetzung des versprochenen Programms für Wohnungsbau. Bereits vor zehn Monaten versprach die Regierung 200 Millionen Quetzales (26.5 Millionen US-$) für den Bau von Häusern für diese Bevölkerungsgruppen. Bisher wurde das Geld jedoch nicht ausbezahlt. Geplant ist, mit diesem Geld fast 5800 Häuser in insgesamt 103 Gemeinden zu bauen. Nach fünfstündiger Verhandlung erreichte die Delegation der Ex-KämpferInnen und der intern Vertriebenen, dass die Regierung ein Dokument unterschrieb, in dem sie versprach, am 23. April mit der Auszahlung der Gelder zu beginnen. Am 2. April reisten BäuerInnen der Südküste in die Hauptstadt, um von der Regierung die Einhaltung der Friedensverträge und die Überschreibung von Land zu fordern. Felix Velásquez vom Komitee der BäuerInneneinheit (CUC) erklärte, sie kämpften um das Land, das ihnen zur Zeit Präsident Arbenz' überschrieben und später wieder enteignet worden sei. Seit dem vergangenen 26. März haben an verschiedenen Orten Landbesetzungen stattgefunden mit dem Ziel, die Regierung zu Verhandlungen zu zwingen. Das Ziel wurde (teilweise) erreicht. Nach mehrstündigem Warten wurde eine Delegation der demonstrierenden BäuerInnen vom Arbeitsminister und vom Leiter des Landfonds empfangen. Parallel dazu besetzte eine Gruppe von rund 300 Personen die Strassenkreuzung "Los Encuentros", wo die Strasse von der nach Huehuetenango führenden Panamericana nach Quiché abzweigt. Die Forderung dieser Aktion war, dass die Regierung den Indígena-Entwicklungsfonds nicht aufhebt. Die BesetzerInnen forderten ein Gespräch mit dem Departementsgouverneur Carlos Antonio López García. Dieser traf auch tatsächlich vor Ort ein und vermittelte den BesetzerInnen einen Termin beim Sekretär des Präsidenten, Luis Mijnagos. Nach oben |
Gleichzeitig gab der Landfonds bekannt, dass er während der ersten drei Monate des Jahres der Landbevölkerung insgesamt 27 Fincas überreicht habe. Damit sei 1'623 Familien Land zugeteilt worden. Ausserdem habe der Landfonds Kredite in der Höhe von total 50.6 Millionen Quetzales (rund 675'000 US-$) und Subventionen in der Höhe von etwa 30'000 Quetzales (rund 4000 US-$) gewährt. Am 4. April gab es erneute Proteste in der Hauptstadt. Rund 500 HändlerInnen der 23 Quartiermärkte in der Hauptstadt streikten während einem Tag, die Märkte blieben geschlossen. Damit demonstrierten die HändlerInnen gegen ein kürzlich erlassenes Dekret der Stadtregierung, das in ihren Augen ein erster Schritt in Richtung der Privatisierung der Quartiermärkte bedeutet. Zu einem friedlichen BürgerInnenprotest rief die Tageszeitung El Periódico die BewohnerInnen der Hauptstadt auf. Solange die Krise im Kongress andauere und die Menschenrechtsverletzungen gegen JournalistInnen verschiedener Medien weitergingen, sollten die Leute jeden Abend um sechs Uhr "Lärm schlagen", sei dies mit der Autohupe oder mit Pfannendeckeln oder sonstigen Lärminstrumenten. |
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