Maya-Rechtsprechung: Die Herausforderung, eigenes Wiederzubeleben
Fijáte 196 vom 20. Okt. 1999, Artikel 1, Seite 1
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Maya-Rechtsprechung: Die Herausforderung, eigenes Wiederzubeleben
Sowohl der Bericht des Der folgende Artikel ist am 30 Juli im Die Die Defensoría Maya sieht sich selbst als "Instrument für den Übergang von der Zerstörung zum Wiederaufbau" und versucht, den traditionellen Mechanismen zur Konfliktlösung wieder ihren Stellenwert zu geben. Der bewaffnete Konflikt und die Militarisierung der Gemeinden hatten zur Folge, dass die Maya- Obrigkeiten vertrieben wurden, die normalerweise über die Harmonie und das Gleichgewicht in den Beziehungen zwischen den BewohnerInnen wachten. Der REMHI- Bericht dokumentiert diesen Vorgang: Mit dem Verlust ihrer alten Menschen und ihrer traditionellen Autoritäten verloren viele Gemeinden auch die Erinnerung an ihre Vorfahren und die Erfahrungen bei der Lösung gemeinschaftlicher Probleme nach dem traditionellen System der Mayas, in dem die Wiedergutmachung eines Schadens Vorrang vor Bestrafung hatte. Dieses System sah eine positive Handlung der/des Normübertretenden gegenüber der betroffenen Person oder der Natur vor, die im Rahmen der Gemeinschaft vollzogen wurde. Die Richtung, in welche die Gewalt sich entwickelte, beruht auf einer tiefen Verachtung des Leben voraus. Viele der Befragten sehen in dieser Gewalt den Anfang des Verlustes gegenseitigen Respekts, als Wert in den Beziehungen zwischen den verschiedenen Generationen innerhalb der Gemeinde. Es können sicher auch andere Faktoren mitspielen....aber die Militarisierung hat eine Infragestellung der traditionellen Werte bedeutet, (REMHI, 1. Band, Seiten 126/7). Auch der Bericht der Wahrheitskommission (CEH) betont diesen Einfluss der staatlichen Gewalt: Die CEH hat festgestellt, dass das Nichtrespektieren und die Zerstörung der traditionellen Formen von Konfliktlösung sowie der Autoritäten, die ihnen Beachtung verliehen, eine der konstantesten Charakteristiken von 1980 bis zum Ende des bewaffneten Konflikts war, (Schlüsse und Empfehlungen der CEH, 1999). Für einige AnalytikerInnen haben diese Untergrabung der traditionellen Autorität, begleitet von Gewalt und Militarisierung der Gemeinden, der
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Die BefürworterInnen der Maya-Justiz sind der Meinung, dass die Anerkennung der Maya-Rechtsprechung Möglichkeiten zu gesellschaftlichen Veränderungen öffnen kann. Das Gewohnheitsrecht akzeptieren würde bedeuten, eine Demokratie aufzubauen, die den existierenden kulturellen Unterschieden im Land Rechnung trägt, so die Soziologen Edgar Esquit und Iván García in ihrer Untersuchung "Das Gewohnheitsrecht, die Justizreform und die Umsetzung der Friedensverträge" ( Der Sieg des "NEIN" in der Consulta Popular (Abstimmung über die Verankerung der Die politischen Verhandlungen, um die Änderung am Art. 203 ins Reformenpaket aufzunehmen, waren sehr schwierig, weil einige Kongressabgeordnete argumentierten, diese Reform würde die "Ausschliessliche Rechtssprechung", über die heute der Die Kommission zur Stärkung der Rechtsprechung, gegründet, um die Friedensverträge juristisch umzusetzen, versuchte, die Modernisierung des Staatsapparates mit der notwendigen Anerkennung des Gewohnheitsrechts in Übereinstimmung zu bringen. Dies, um einerseits zu verhindern, dass den indigenen Völkern Normen und staatliche Autoritäten aufgedrängt werden. Zum andern soll verhindert werden, dass parallele Rechtssysteme aufgebaut werden, die unabhängig voneinander funktionieren. Die Volksbefragung hatte die Schaffung einer verfassungsmässigen Norm zum Ziel, die sich in einem Gesetz konkretisiert, das die Beziehung zwischen beiden Systemen auf flexible, übereinstimmende Art regelt und das innerhalb kurzer Zeit erarbeitet wird. (Guatemala, los contrastes del desarrollo humano 1998, S. 142.) Für Lic. Arnoldo Ortiz Moscoso, Mitglied der Kommission zur Stärkung der Rechtsprechung und seitens des Staates Unterzeichner des Abkommens 169 der ILO (Internationale Arbeitsorganisation) bedeutet die Ablehnung der Reformen in der Volksabstimmung ein Innehalten in einer Vorwärtsbewegung, was aber auch positiv sein kann. Die politische Verhandlung und die Volksabstimmung haben eine breite Diskussion über das Maya-Gewohnheitsrecht und ihre traditionelle Rechtsprechung ausgelöst, meint Ortiz Moscoso. Das Indigena-Recht ist jetzt ein Thema nicht nur in der Agenda der Mayas, sondern aller nationalen und internationalen Organisationen, die sich seiner Wichtigkeit bewusst sind. Die Mayaorganisationen haben sich damit abgefunden, dass das Nichtzustandekommen der Verfassungsreform kein Hindernis ist. Es gibt einige Aktivitäten von offizieller Seite her, die auf eine Anerkennung des Maya-Rechts hinzeigen", meint er weiter. Laut Leonardo Cabrera von der Koordination der Mayaorganisationen Guatemalas ( Ortiz Moscoso und Cabrera sind auch der Ansicht, dass das Abkommen 169 der ILO ein wichtiges Werkzeug zur Förderung der Maya-Rechtsprechung ist. Das Abkommen anerkennt die Gültigkeit der spezifischen sozialen Organisationen und Formen der Konfliktlösung der indigenen Völker. Eine andere Möglichkeit ist, nach Mechanismen zu suchen um die Entscheide der Maya- Obrigkeiten durch die Friedensrichter anerkennen zu lassen, raten sie Obwohl KritikerInnen dieser Initiativen damit argumentieren, es könnten nicht zwei parallel operierende Rechtssysteme existieren, behaupten die BefürworterInnen, dass es keinen Widerspruch zwischen der Maya-Justiz und dem offiziellen Rechtswesen gibt. Ortiz meint: Die Maya- Justiz kann keine Entscheide fällen, die gegen die nationalen Gesetze oder gegen Menschenrechtsabkommen verstossen, welche vom guatemaltekischen Staat anerkannt wurden. Die Tatsache, dass das Gewohnheitsrecht eine Möglichkeit ist, erleichtert das Harmonisieren beider Systeme. Die Maya-Autoritäten schalten sich nur ein, wenn dies beide Konfliktparteien wünschen. Nach der Ablehnung der Verfassungsreformen im Mai und dem Beginn der Wahlkampagne ist es unwahrscheinlich, dass zum Thema noch dieses Jahr etwas geschieht. Für die rivalisierenden Parteien stellt sich das Problem, wie sie möglichst viele Stimmen gewinnen können, wenn eine Hälfte der WählerInnen für einen plurikulturellen, multiethnischen und vielsprachigen Staat sind und die andere Hälfte vor eben dieser immer noch Angst hat. |
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