Polemik um den Begriff (und die Tat) ,,soziale Säuberung"
Fijáte 330 vom 16. März 2005, Artikel 5, Seite 5
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Polemik um den Begriff (und die Tat) ,,soziale Säuberung"
Guatemala, 4. März. Anfang März veröffentlichte das US-Aussenministerium seinen jährlichen Bericht über die weltweite Situation der Menschenrechte. In dem von der lokalen US-Botschaft verbreiteten Teil über die Menschenrechtssituation in Guatemala im Jahr 2004 wird betont, dass der guatemaltekische Staat respektvoller mit den Menschenrechten umgegangen sei als im Vorjahr. Nichtsdestotrotz wird von ,,glaubwürdigen Informationen über politisch motivierte, illegale Ermordungen von Mitgliedern von Randgruppen, speziell Minderjährigen und vermeintlichen Mitgliedern von Jugendbanden" gesprochen, sowie von Folter und Missbrauch von Verdächtigen und Gefangenen, Aktionen, in die Agenten der Polizei (PNC) involviert seien. Ebenfalls kritisiert werden das Justizwesen und die Staatsanwaltschaft, welche für die mangelhaften Untersuchungen und die Straflosigkeit verantwortlich seien. Als Quellen, woher diese ,,glaubwürdigen Informationen" stammen, werden MINUGUA und das Büro für berufliche Verantwortung (ORP) der Zivilen Nationalpolizei Guatemalas genannt. Das Vorgehen der Polizei bei der Räumung der Finca Nueva Linda im letzen Herbst wird als Beispiel zitiert, wo Polizisten mehrere besetzende Campesinos erschossen. Das guatemaltekische Innenministerium reagierte auf diese Vorwürfe mit einer Presseerklärung, in der es heisst, man verfüge über keine offiziellen und vertrauenswürdigen Informationen, die eine Beteiligung der staatlichen Sicherheitskräfte an Fällen von sozialer Säuberung beweisen würden. Es sei auch nicht Teil der Politik der Regierung bzw. des Innenministeriums, solche menschenrechtsverletzende Praktiken gutzuheissen, zu befehlen oder zu vertuschen, heisst es in der Erklärung weiter. Präsident Berger erklärte, er werde nicht offiziell gegen den Bericht protestieren, wie das z. B. Honduras gemacht hat, weil das einer Anerkennung der Vorwürfe gleichkäme. "Es geht hier um eine Polizei, die wir von der letzten Regierung geerbt haben. Im Wissen darum, dass sie korrupt und ins organisierte Verbrechen involviert ist, haben wir im letzten Jahr 500 Polizisten entlassen", erklärte der Präsident. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Reaktionen gewisser Kolumnisten, wie z. B. Edgar Rosales in Siglo XXI, die sich nicht so recht entscheiden können, ob sie nun das zunehmende Problem der Gewalt in Guatemala und die Unfähigkeit der Behörden, etwas dagegen zu tun, beklagen wollen oder sich über die Einmischung in innerstaatliche Angelgenheiten durch die USA ärgern sollen. Nach oben |
Das Menschenrechtsprokurat (PDH) hingegen sieht seine Beobachtungen durch den US-amerikanischen Menschenrechtsbericht bestätigt. Prokurator Sergio Morales erklärte, dass auch Untersuchungen seiner Institution zu dem Schluss gekommen seien, dass Agenten der PNC für willkürliche Verhaftungen, Misshandlungen und aussergerichtliche Hinrichtungen verantwortlich sind. Und anstatt, dass die Regierung konkrete Massnahmen dagegen ergreifen würde, versuche man, gewisse Sektoren wie z.B. die Jugend, zu kriminalisieren. Menschenrechtsaktivist Miguel Angel Albizures vom Menschenrechtszentrum CALDH kann zwar ,,nicht nachweisen, dass die soziale Säuberung Teil der Staatspolitik ist", kann sich aber gut vorstellen, dass ehemalige Staatsmänner, die heute dem organisierten Verbrechen angehören, in die Morde verwikkelt sind. In den ersten zwei Monaten des laufenden Jahres wurden im Departement Guatemala 40 Leichen von Personen, deren Identität nicht festgestellt werden konnte und die auf gewalttätige Weise umkamen, unter XX begraben. Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, dass einige der unbekannten Leichen Opfer von sozialer Säuberung sind, in welche die Regierung auf die eine oder andere Art involviert ist. In Santa Cruz del Quiché forderten Anfang März rund 2´000 Personen mit einer Demonstration die Bestrafung eines Polizisten, der angeklagt ist, im Mai 2004 zwei 17-jährige Schülerinnen entführt und eine davon umgebracht zu haben. |
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