MINUGUA veröffentlicht Untersuchung über Lynchjustiz
Fijáte 268 vom 11. Sept. 2002, Artikel 3, Seite 4
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MINUGUA veröffentlicht Untersuchung über Lynchjustiz
Guatemala, 28. Aug. Die Studie der Mission der Vereinten Nationen für Guatemala (MINUGUA) registriert für das laufende Jahr eine Zunahme von Lynchjustizfällen vor allem in den Departements, in denen während dem bewaffneten Konflikt am meisten Massaker und Menschenrechtsverletzungen stattgefunden haben. Gemäss dem Bericht mit dem Titel "Die Lynchjustiz, eine Geissel, die fortdauert", hat MINUGUA in diesem Jahr 35 Fälle von Lynchjustiz gegen 77 Personen verifiziert, von denen 14 tödlich geendet haben. Im letzten Jahr waren es insgesamt 75 Fälle mit 189 Opfern, von denen 27 starben. Es sind die Departements Quiché, Alta Verapaz, Huehuetenango, San Marcos, Baja Verapaz und Totonicapán, in denen die Lynchjustiz am weitesten verbreitet ist. Die meisten dieser Regionen gehören auch zu denen, die am wenigsten Infrastruktur haben, in denen der Staat mit seinen Institutionen und Programmen sehr schwach präsent ist und in denen die Armut und die AnalphabetInnenrate am höchsten sind. In diesen sieben Departements haben 79% der Selbstjustizfälle stattgefunden, ebenso wie während dem bewaffneten Konflikt an den selben Orten 87% aller reportierten Menschenrechtsverletzungen und 92% der Massaker stattgefunden haben. Für Tom Koenigs, den neuen Chef von MINUGUA, hat Selbstjustiz überhaupt nichts mit indigenen Traditionen zu tun, wie das Phänomen in der Öffentlichkeit oftmals despektierlich erklärt wird. In der traditionellen Rechtssprechung der Indígenas würden das Leben und die Würde einer Person sehr stark respektiert und es würde grossen Wert auf gewaltfreie Konfliktlösungen gelegt, meinte Koenigs. Vielmehr sei die Lynchjustiz eine Konsequenz der Aufstandsbekämpfungspolitik, die, entgegen aller Erwartungen, auch nach Beendung des bewaffneten Konfliktes weiter betrieben wird. Nach oben |
MINUGUA empfiehlt der Regierung in ihrer Studie, Präventionsprogramme zu entwickeln und die Bürger-Innen über ihre Rechte aufzuklären. Auch müsse die operative und präventive Kapazität der Zivilen Nationalpolizei (PNC) gestärkt werden, vor allem in denjenigen Regionen, in denen die Strukturen der ehemaligen Zivilpatrouillen und Militärkommissären noch aktiv seien. Seit der Unterzeichnung der Friedensabkommen Ende 1996 bis zum Abschluss ihrer Studie verzeichnete MINUGUA insgesamt 421 Fälle von Selbstjustiz gegen total 817 Opfer - 215 davon endeten tödlich, ohne dass ihnen tatsächlich ein Verbrechen nachgewiesen werden konnte. In den 386 Fällen, in denen es zu einer konkreten Anklage gegen die TäterInnen kam, wurde nur bei 10% eine definitive Strafe verhängt, alle andern Fälle endeten in der Straflosigkeit. Gleichzeitig mit der Veröffentlichung der MINUGUA-Studie präsentierten verschiedene religiöse Organisationen ein Projekt zur Bekämpfung der Lynchjustiz. Laut Vitalino Similox von der Konferenz der evangelischen Kirchen Guatemalas (CIEDEG), liegt der Ursprung dieses Phänomens im sozialen und wirtschaftlichen Druck, unter dem ein Grossteil der Bevölkerung leidet. Ebenso wie Koenigs verweist er auf den bewaffneten Konflikt und das nichtfunktionierende Justizsystem als weitere Ursachen. Das Projekt zielt darauf ab, Pfarrer und Priester sowie lokale Autoritätspersonen über die Menschen- und Bürger-Innenrechte und über die Friedensabkommen weiterzubilden und diese Personen als MultiplikatorInnen in den Gemeinden einzusetzen. Ebenfalls zum Schneeballeffekt des Projekts beitragen sollen die lokalen Medien. Gestartet wird das Projekt im Quiché, Alta Verapaz, Huehuetengango und der Hauptstadt, wobei man sich bei der Auswahl dieser Departements auf die Studie von MINUGUA beruft. |
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