Staatliche Eingriffe ins Eheleben
Fijáte 384 vom 02. Mai 2007, Artikel 8, Seite 6
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Staatliche Eingriffe ins Eheleben
Guatemala, 21. April. Seit einiger Zeit gibt es im Universitätssender samstags morgens eine Radiosendung zum Thema Leben mit Behinderung, eine von zahlreichen kleinen Initiativen, um die Bevölkerung zu sensibilisieren hinsichtlich der vielen bestehenden Hindernisse für behinderte Menschen und deren tatsächlichen Bedürfnisse. Nun zieht auch die Politik nach: Der Nationalrat zur Betreuung von Personen mit Behinderung (CONADI) machte sein Programm publik, das als Regierungsabkommen Mitte des Monats gebilligt wurde. Ein entsprechendes Gesetz gibt es schon lange. Die gesellschaftliche Integration und Beteiligung der betroffenen BürgerInnen sollen auf den Ebenen Gesundheit, Bildung und Arbeit erreicht werden, eingebunden sind aber auch die Bereiche Freizeit, Sport, Zugang zu öffentlichen Orten und Transportmitteln und die Stärkung der Rechtssituation, informierte Helga Luna, Präsidentin des CONADI. Diese Institution hatte das Dokument der Exekutive vorgelegt. Laut Luna sind 10% der Bevölkerung durch eine körperliche, psychische oder Sinnesbehinderung eingeschränkt. So sei es längst an der Zeit, dass die unterschiedlichen Sektoren der Gesellschaft ihre Verantwortung zur Integration der behinderten Menschen übernähmen. Dazu gehöre eine komplette Reform des Angebotes von grundlegenden Dienstleistungen, meint Sebastián Toledo vom Blinden- und Gehörlosenkomitee. "Wir fordern Gleichberechtigung, keine Privilegien. Darum muss das Behinderten-Gesetz erfüllt werden und die neue Politik." José Cecilio del Valle vom CONADI erinnerte daran, dass im Juni 2006 dem Kongress ein Gesetzesvorschlag unterbreitet wurde, nach dem 4% der Stellen im öffentlichen wie privaten Sektor an arbeitsfähige Angestellte mit Behinderung vergeben werden sollen. Die Legislative solle diese Initiative endlich bearbeiten. Gleichwohl werden die Personen mit Behinderung weitläufig ausgeschlossen und diskriminiert, beobachtet Silvia Quan vom Menschenrechtsprokurat (PDH). Weder beim Bau von Gebäuden noch bei Transportmitteln werden die Bedürfnisse von Behinderten berücksichtigt. Bestes Beispiel dafür ist die Transmetro (¡Fijáte! 383). Schon in der Planungsphase hatten Behindertenverbände an sich erinnert und haben mit Unterstützung des Erzbischöflichen Menschenrechtsbüros (ODHAG) vor Gericht erreicht, dass die Busanlage zumindest nachträglich behindertengerecht gestaltet werden muss. Ob dies auch gemacht wird, ist eine andere Frage. Nach oben |
Erste, dringend notwendige Entscheidungen zu Gunsten von behinderten Menschen hat in diesen Tagen das Verfassungsgericht (CC) getroffen. Es gab einem Einspruch der PDH gegen das Nationale Sozialversicherungsinstitut (IGSS) statt, das bislang Behinderten die monatliche Invaliditätsrente entzog, sobald sie heirateten. Ihnen stehen im Monat zwischen 340 und 4´800 Quetzales (ca. US-$ 45 - 640) pro Versicherter/m zu. Jetzt muss das IGSS zahlen: 12´612 Personen sind als Invalide aktuell gemeldet. Von diesen sind gerade mal 29 Singles. Noch vor rund zwei Monaten hat der Kongress seinen Einfluss auf die soziale Kontrolle in Sachen Eheschliessung geltend gemacht und Artikel im Bürgerlichen Gesetzbuch modifiziert. Nun muss nicht nur der Mann, wie bis dato üblich, sondern auch die Frau ein Gesundheitszeugnis vorlegen, wenn sie heiraten will. Darin muss bestätigt sein, dass die interessierte Person an keiner unheilbaren, ansteckenden Krankheit leidet, die gesundheitsschädlich für die Partnerin/den Partner oder Nachkommen ist. Ausserdem darf die heiratswillige Person keine Gebrechen haben, die zur Zeugungsunfähigkeit führen. Ausgenommen von dieser Pflicht sind Leute, die in Gegenden wohnen, wo es keine für die Untersuchung ausgestatteten Krankenhäuser gibt und jene, die bereits in einer Beziehung gelebt haben. Anstatt sich um rechtliche "Gleichberechtigung" zu bemühen, wäre der Artikel 97 besser ganz gestrichen worden. |
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