Razzien bei Kommunalradios
Fijáte 357 vom 12. April 2006, Artikel 5, Seite 4
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Razzien bei Kommunalradios
Guatemala, 23. März. In Guatemala spielen Kommunalradios eine Schlüsselrolle bei der Informationsvermittlung in indigenen ländlichen Gemeinden. Diese Rolle wird ihnen bereits in den Friedensabkommen zugestanden, wo es im Abkommen über die Rechte und Identität der indigenen Bevölkerung einen speziellen Paragraphen dazu gibt. Von unschätzbarem Wert waren die Kommunalradios z.B. auch während des Hurrican Stan, wo sie unermüdlich Informationen über die Lage in den Gemeinden, über eingestürzte Brücken und verschüttete Strassen übermittelten, Familienangehörige benachrichtigten, Lebensmittel und Geld sammelten und auf diese Weise wichtige Aufgaben übernahmen, die eigentlich der Staat hätte erfüllen sollen. Auch in den Bereichen (Bewusstseins-) Bildung und Aufklärung nehmen viele Kommunalradios im Vergleich zu ihren kommerziellen Pendants eine wichtige soziale Rolle wahr. In einem Land wie Guatemala aber, in dem Radiofrequenzen zu horrend teuren Preisen gehandelt werden (bis zu 28'000 US-$), senden die meisten Kommunalradios ohne eigene Frequenz, sind also gemäss Gesetz illegal. Dies führt immer wieder dazu, dass die entsprechenden Behörden versuchen, solche Radios zu schliessen oder ihnen die Sendeanlage zu zerstören. Laut Informationen des Guatemaltekischen Rates der Kommunalradios (CGCC) wurden im Verlauf eines Monats, zwischen Februar und März 2006, in zwölf kommunalen Radios in den Departements Jalapa, Jutiapa, Huehuetenango und Guatemala Razzien durchgeführt und Personal verhaftet. Dies, obwohl vor einem Jahr auf Drängen der Weltweiten Vereinigung der Kommunalradios (AMARC) und Eduardo Bertoni, Beauftragter für Meinungsfreiheit der Organisation der Amerikanischen Staaten (OEA), ein sog. Runder Tisch einberufen wurde, um das Thema zu erläutern. Eingeladen zu diesem Runden Tisch sind VertreterInnen der Kommunalradios und der Regierung, namentlich der Leiter der Präsidialen Menschenrechtskommission (COPREDEH), Frank LaRue. Bis dato ist dieser Runde Tisch genau einmal zusammengetroffen. Eine der Übereinkünfte, die dabei getroffen wurden, ist die Suspendierung jeglicher Razzien in den Kommunalradios. Eine andere, ebenfalls nicht eingehaltene Abmachung ist, dass die Regierung und die zuständige Telekommunikationsbehörde (SIT) einen Gesetzesvorschlag ausarbeiten, um den Kommunalradios einen legalen Status zu verschaffen. Ein Gesetzesvorschlag über die Vergabe von Radiofrequenzen wird seit Jahren zwischen dem Kongress und der SIT hin und hergeschoben. Nach oben |
Gemäss Marcelino Moscut, Kongressabgeordneter und Vertreter der Vereinigung der guatemaltekischen Kommunalradios (ARCG), geht es bei der Debatte über die Kommunalradios nicht um ein technisches Problem, wie man immer glaubhaft machen wolle, sondern um eine politische Angelegenheit. Oftmals sind es tatsächlich die Kommunalradios, die als einzige Korruptionsfälle und Menschenrechtsverletzungen in den Gemeinden zur Sprache bringen. Interessant ist, dass die Razzien in den Kommunalradios von einer Sonderabteilung der Staatsanwaltschaft für "Delikte gegen JournalistInnen und GewerkschafterInnen" in Zusammenarbeit mit der Polizei durchgeführt wurden. Diese Sonderabteilung wurde geschaffen, um Vergehen am Menschenrecht auf Meinungsfreiheit zu verfolgen. Paradoxerweise werden jetzt diejenigen verfolgt, die das Recht auf Meinungsfreiheit verteidigen. |
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