Lynchjustiz - UN erwarten eine Erklärung
Fijáte 358 vom 26. April 2006, Artikel 6, Seite 5
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Lynchjustiz - UN erwarten eine Erklärung
Guatemala, 20. April. Sechs weitere Fälle von Lynchjustiz muss eine Regierungsdelegation im Mai vor dem Komitee über Folter der Vereinten Nationen in Genf erklären, dessen Mitglieder wissen wollen, warum diese Praxis immer noch an der guatemaltekischen Tagesordnung ist. Die letzten Lynch-Opfer starben vergangenen Mittwoch in Sumpango, Sacatepéquez, durch die Hand der Bevölkerung. Ein 36jähriger Mann aus der Hauptstadt und eine 25jährige, nicht weiter identifizierte Frau waren ursprünglich von der örtlichen Polizei festgenommen worden mit dem Verdacht auf versuchte Kindesentführung. Doch das Gerücht ging um, dass es sich um geübte KinderräuberInnen handelte. Seit Januar sind sechs Kinder aus Sumpango verschwunden. Daraufhin bewaffnete sich die Bevölkerung mit Stöcken, holte die beiden aus der Polizeiwache heraus und schlugen sie bewusstlos, ein lokaler Fernsehkanal filmte das Geschehen. Doch die Wut des Mobs war nicht zu stillen, er liess sich weder auf Gespräche mit der hilflosen Polizei noch mit anwesenden VertreterInnen des Menschenrechtsprokurats (PDH) ein, sondern überschüttete die Opfer mit Benzin und verbrannte sie am lebendigen Leibe. Abends umzingelte das Volk das Wohnhaus des Bürgermeisters, warf Steine und setzte die Eingangstür in Flammen mit der Forderung, für mehr Sicherheit im Ort zu sorgen. Zuguterletzt stürmten die erregten BewohnerInnen die Polizeistation, plünderten sie und legten auch hier Feuer. Am 6. April wurden zwei Frauen in einem Dorf in Huehuetenango exekutiert, die des Mordes verdächtigt wurden. Die Bevölkerung rechtfertigte auch hier ihr Tun damit, dass sie die Passivität der Polizei und die Langsamkeit der Justiz leid sei, die nicht gegen die Kriminalität vorgingen. Nach oben |
Mit einem Lynchversuch von zwei mutmasslichen Verbrechern in San Gaspar Ixchil zählt allein das Departement Huehuetenango in den letzten Wochen bereits vier solcher Taten, wo unter anderem zwei Schwestern aufgrund eines Streits um ein Grundstück starben. Vergangenen Dienstag lud das UN-Komitee zur Folter die guatemaltekische Regierung vor, um zu berichten, welche Massnahmen gegen die Lynchpraxis ergriffen worden seien und wie der Stand der Dinge in Sachen Prozesse, Urteile, Strafen und "Erziehungsprogramme" für die Bevölkerung sei, hat doch das Phänomen dieser Art der Rechnungsbegleichung seit Unterzeichnung der Friedensverträge 1996 deutlich zugenommen. Zudem wird die Delegation erklären müssen, warum immer noch nicht das Gesetz in Bezug auf das Gefängnissystem gebilligt ist und ob es eine spezielle Anordnung gebe, die klar besagt, dass der Befehl eines Vorgesetzen oder einer öffentlichen Autorität nicht dazu herangezogen werden kann, Folterhandlungen zu rechtfertigen. Das Komitee kündigte zudem an, über den Stand der Ermittlungen in 626 dokumentierten Fällen von Massakern informiert werden zu wollen, und ob die Gerichte diese bereits kennen. |
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