Belastende Aussagen im Fall des Massakers Dos Erres
Fijáte 207 vom 28. März 2000, Artikel 6, Seite 4
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Belastende Aussagen im Fall des Massakers Dos Erres
Guatemala, 23. März. Vor fünf Jahren wurden auf dem Gelände von Dos Erres in der Gemeinde La Libertad, Péten, die Exhumierung von insgesamt 162 Gräbern beendet, wobei 67 Kinder unter zwölf Jahren ausgegraben wurden. Damit begann die Untersuchung über eines der grausamsten Massaker in der Geschichte Guatemalas. Stattgefunden hatte das Massaker am 7. Dezember 1982, während der Regierungszeit Ríos Montt's und während dem Höhepunkt der von ihm angeordneten Politik der 'verbrannten Erde'. Als befehlshabender General amtierte zu dieser Zeit der stellvertretende Chef des Präsidialen Generalstabes (EMP), Héctor Gramajo. Damalige Kommandanten der im Petén operierenden Aufstandsbekämpfungstruppe Kaibiles waren Víctor Augusto Vásquez, Víctor Martínez Samayoa und Hugo Francisco Carranza. Mehr als fünfzehn Militärs, von den Ranghöchsten bis zu Mitgliedern der Kaibiles machten im Verlauf der bisherigen Untersuchung ihre Aussagen und stritten unisono ab, etwas mit dem Massaker zu tun zu haben, bzw. dass es überhaupt stattgefunden hat. Die zynischsten unter ihnen behaupteten gar, die Guerilla habe das Massaker ausgeführt. Nun machten aber erstmals zwei Militärs, ehemalige Angehörige der Kaibiles, belastende Aussagen vor dem Gericht in Santa Elena, Petén. Sie beschrieben detailliert das brutale Vorgehen des Militärs gegenüber der Bevölkerung von Dos Erres. Insgesamt sechzig Soldaten, die auf der Suche nach Waffen waren, die sie (ausser Macheten und Spaten), nie gefunden haben, waren laut den Zeugenaussagen am Massaker beteiligt. Nach oben |
Die beiden Zeugen verreisten, nachdem sie ihre Aussagen gemacht hatten, zusammen mit ihren Familien ins ausländische Exil. Die Möglichkeit des Exils war eine Bedingung der Zeugen und wurde ihnen während Monaten nicht zugestanden, wodurch die Untersuchungen zum Stillstand kamen. Auf die gegen ihn gemachten Anschuldigungen angesprochen, meinte Héctor Gramajo, sie seien absolut absurd, er habe ein reines Gewissen in dieser Angelegenheit. Die Vereinigung der Familienangehörigen von Verschwundenen (FAMDEGUA), die als Nebenklägerin auftritt, hofft, dass aufgrund der Aussagen der beiden Militärs endlich Haftbefehle gegen die Verantwortlichen ausgestellt werden und ein Prozess begonnen werden kann. FAMDEGUA wehrt sich gegen die kürzlich von der guatemaltekischen Regierung angebotenen 'freundschaftlichen' Lösung im Fall des Massakers in Dos Erres. Die Organisation fragt sich, ob es eine solche Lösung überhaupt geben kann, ohne dass ein Prozess geführt wird und unterstellt der Regierung vielmehr, unter 'freundschaftlich' das Schubladisieren der Akten und im Gegenzug dazu etwas materielle Unterstützung für die Betroffenen, zu verstehen. Das Massaker von Dos Erres ist einer von drei Fällen, in denen die guatemaltekische Regierung vor dem Interamerikanischen Gerichtshof ihre intellektuelle Verantwortung zugegeben hat. FAMDEGUA stellt drei klare Forderungen an die Staatsanwaltschaft: Erstens müsse die Untersuchung weitergeführt und müssten Haftbefehle gegen die am Massaker beteiligten Militärs ausgestellt werden. Zweitens müsse der Oberste Gerichtshof unabhängig arbeiten können. Dazu gehöre die Vorverurteilung von Efraín Ríos Montt, damaliger Staatschef und heutiger Kongresspräsident. Drittens müsse der Prozess gegen die Verantwortlichen eröffnet und die Zeugenaussagen protokolliert werden. |
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