Gesundheitswesen zahlt die Rechnung der Gewalt
Fijáte 350 vom 21. Dez. 2005, Artikel 3, Seite 3
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Gesundheitswesen zahlt die Rechnung der Gewalt
Guatemala, 15. Dez. Das Gewaltklima, das im Land herrscht, hat die Krankenhäuser angesichts der Anzahl der verletzten Personen, die täglich eingeliefert werden, bereits an den Rand des Kollapses gebracht. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren sind die Kosten, die das Sozialversicherungsinstitut (IGSS) für medizinische Behandlungen aufwendet, in diesem Zusammenhang um 20% gestiegen. Auch Verkehrsunfälle werden unter die Gewalttaten summiert. Die Zahl der im IGGS behandelten Frauen ist aufgrund des Anstiegs der Gewalt von 2% im Jahre 2000 auf 12% in 2005 gestiegen. Jeden Tag werden im Rehabilitationskrankenhaus 35 neue Gewaltopfer eingeliefert. Der Klinikdirektor Juan Carlos Lorenti berichtet, dass bis 2000 der Grossteil der PatientInnen einer Rehabilitationsbehandlung aufgrund von gewöhnlichen Krankheiten, Landwirtschafts- oder Arbeitsunfällen bedurfte, diese stellten inzwischen jedoch eine Minderheit dar. Mit mehr als 5'000 Toten aufgrund von Gewalt verwandelt sich das Jahr 2005 in das gewaltsamste Jahr in der neueren Geschichte des Landes. Die Nationale Zivilpolizei registrierte bis Ende November 5'181 Morde, allein in der Hauptstadt wurden im gleichen Zeitraum 1,987 gezählt. 75% der Opfer sind aufgrund von Verletzungen durch Schusswaffen umgekommen, der Rest durch Stichwaffen, Schläge und Erwürgen. 586 der Toten sind Frauen, 1,349 waren zum Todeszeitpunkt zwischen 18 und 36 Jahren alt. Der Direktor des Leichenschauhauses, Dr. Mario Guerra, informiert, dass 515 Leichen von Minderjährigen eingeliefert wurden. "Wir haben unter anderem Kinderleichen im Alter zwischen zwei und vier Jahren in Empfang genommen, von denen die meisten ihr Leben verloren haben, da sie von Schusswaffen getroffen wurden", so Guerra. Derweil seien laut PNC-Bericht die Zahlen von Diebstählen und Raub in Banken, Geschäften, Wohnhäusern, Kirchen und Bussen sowie von Autos gegen Touristen weniger geworden. Im Jahr 2004 wurden demnach 18'766 Diebstähle registriert, im Laufe von 2005 dagegen 15'862). Mit 2'526 Fällen im laufenden Jahr wurden 16 Fälle von häuslicher Gewalt weniger denunziert als im vergangenen, 282 Vergewaltigungen in 2005 wurden gegenüber 363 im Jahr 2004 und 52 Entführungen gegenüber 51 in 2004 gemeldet. Während PNC-Direktor Erwin Sperisen auf der Theorie beharrt, dass es sich in der Mehrheit der Mordfälle um Auseinandersetzungen und Rechnungsbegleichungen zwischen Mitgliedern des organisierten Verbrechens handele - nicht zu vergessen, dass darin die Jugendbanden mit inbegriffen sind!, schätzt das Menschenrechtsprokurat (PDH), dass in 95,8% der Gewalttaten weder ermittelt wird und erst recht keine Verdächtigen auftauchen und allein 0,03% der Fälle in irgendeiner Weise vom Gerichtswesen gelöst werden. Das bedeute, so der Menschenrechtsombudsmann Sergio Morales, dass in Guatemala ganz klar die Regel Straflosigkeit heisse. Dementsprechend interpretiert Adela de Torrebarte von der Vereinigung Madres Angustiadas, dass der Rückgang der Anzeigen von Gewalttaten rückgängig ist aufgrund der Angst vor Repressalien durch die Täter und des Misstrauens in die zuständigen Autoritäten, die nicht selten selbst die Täter sind. Nach oben |
Das Innenministerium hat unter anderem festgestellt, dass die neuen Streifenwagen, mit denen die PNC vor wenigen Monaten ausgerüstet wurde, von den AgentInnen skrupellos für Delikte genutzt werden. Bis zu 2'500 Polizeiangestellte stehen im Verdacht, sich an Entführungen, Diebstahl, Erpressung und Korruption zu beteiligen. Die angezeigten Fälle sind noch einmal gestiegen, nachdem angekündigt wurde, die erste "Säuberung" der Polizei in diesem Jahr, bei der 2´500 AgentInnen entlassen wurden, im Januar um die Kündigung von weiteren 1'500 Angestellten fortzusetzen. Die Polizeigruppe, die fast vollständig entlassen werden wird, ist die 90 Leute zählende Fiskal- und Grenzeinheit, die für die Supervision des Warenverkehrs zuständig ist, um Schmuggel zu verhindern. Statt diese Aufgabe zu erfüllen, widmeten sie sich offensichtlich eher dem Erpressen und der Erleichterung des Transportes illegaler Waren. Die Vermutung besteht, dass die derzeit "noch aktiven" PolizistInnen kriminelle Kontakte zu den bereits Entlassenen pflegen. Ein hoher Prozentanteil derer, die gehen müssen, besetzt Posten mittleren und oberen Ranges der PNC. |
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