Flucht eines Häftlings endete tödlich für seine Bewacher
Fijáte 197 vom 3. November 1999, Artikel 5, Seite 3
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Flucht eines Häftlings endete tödlich für seine Bewacher
Guatemala, 30. Oktober. Die Flucht eines als "gefährlich" eingestuften Häftlings, die für seine zwei Bewacher tödlich endete, hat eine landesweite Diskussion über die Zustände und Sicherheit in den Gefängnissen ausgelöst. Dem Häftling José Fernando Carías gelang die offenbar geplante Flucht, als er von zwei Wärtern in einem öffentlichen Autobus von einer Untersuchung im Spital San Juan de Dios ins Gefängnis El Pavón zurückgeführt wurde. Unterwegs stürmten zwei Männer den Bus, töteten die zwei Wärter und befreiten Carías. Der verantwortliche Offizier, welcher der Autopatrouille befahl, nicht vor dem Spital auf den Häftling und seine zwei Begleiter zu warten, da sie ja in einem Autobus zurückfahren könnten, wurde vorübergehend von der Arbeit suspendiert. Sowohl Enio Ventura, Präsident der JuristInnen- und MagisterInnenvereinigung, wie der Sprecher der Mission der Vereinten Nationen MINUGUA, Bertrand De Lagrange äusserten sich erstaunt darüber, dass für den Transport offensichtlich gefährlicher Häftlinge keine ausreichenden Sicherheitsmassnahmen getroffen werden. Ventura sieht darin einen Beweis für die Uneffizienz des guatemaltekischen Justizsystems. Adela Torrebiarte von den Madres Angustiadas ist davon überzeugt, dass bei dieser Flucht eine Komplizenschaft der Polizei mit im Spiel war. Laut der Zeitschrift El Periódico gelang im Verlauf dieses Jahres bereits 80 Häftlingen die Flucht. Nach dem gewaltsamen Tod zweier ihrer Kollegen, hat eine Gruppe von Gefängniswärtern in El Pavón mit Protestaktionen gedroht, falls sich ihre Arbeitsbedingungen nicht verbesserten. In erster Linie fordern sie eine Gehaltserhöhung und eine Lebensversicherung, um den Unterhalt ihrer Familien garantieren zu können. Aus ihrem Lohn müssten sie die Uniformen, ihre Stiefel und die Munition für die sowieso nur beschränkt funktionierenden Waffen bezahlen. Nach oben |
Mit den Forderungen der Aufseher von El Pavón solidarisieren sich die Angestellen verschiedener anderer Ge-fängnisse, deren Arbeitsbedingungen ähnlich sind. Die Gefahr eines Streikes konnte in einem ersten Gespräch zwischen den Wärtern von El Pavón und dem Direktor der Strafanstalt, Joel Torres, für den Moment gebannt werden. Es wurde vereinbart, dass Gefangenentransporte in Zukunft nur noch in Polizeifahrzeugen stattfinden. Eine Lohnerhöhung ist laut Torres für dieses Jahr ausgeschlossen, da das Budget bereits ausgeschöpft sei. Der Innenminister, Rodolfo Mendoza betont, erst aus der Presse von den Forderungen der Gefängniswärter erfahren zu haben, mit ihm selber sei noch kein Kontakt aufgenommen worden. Einen möglichen Streik bezeichnet er als illegal. Er wisse über den mangelhaften Zustand der Waffen und über das Fehlen von Fahrzeugen in El Pavón, es sei auch geplant, dem Gefängnis die Infrastruktur der aufgelösten Nationalpolizei zur Verfügung zu stellen. Zur Forderung nach einer Lebensversicherung der Wärter meinte er lakonisch, das sei zu teuer. |
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