Wird es in Zukunft fähige(re) RichterInnen geben?
Fijáte 436 vom 03. Juni 2009, Artikel 5, Seite 5
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Wird es in Zukunft fähige(re) RichterInnen geben?
Guatemala, 29. Mai. Zwischen den Rufen nach "Justiz", den Anschuldigungen gegen die Präsidentengattin und den Aufforderung, keine Steuern an "diese korrupte Regierung" zu zahlen, wurde nicht erst bei der grossen sonntäglichen Demonstration gegen bzw. für Präsident Álvaro Colom nach dem "Rosenberg-Video" auch ein anderer Ruf laut: nämlich der nach der endlichen Verabschiedung des "Gesetzes zu den Postulationskommissionen" durch den Kongress (siehe ¡Fijáte!) 434) Die Abgeordnete der Partei Encuentro por Guatemala hatte eine entsprechende Initiative eingereicht, doch breite Ablehnung erfahren. Das Gesetz soll die Aufstellung und Auswahl der KandidatInnen für diverse Schlüsselposten in der Staatsverwaltung regulieren: Und zwar für die RichterInnen am Obersten Gerichtshof (CSJ), die RichterInnen der 82 Berufungsgerichtsinstanzen, den/der GeneralrechnungsprüferIn, den/ der Generalstaatsanwalt bzw. anwältin, den/ der MenschenrechtsprokuratorIn sowie für jegliche andere Stellen, die mittels Postulationskommissionen besetzt werden. Die Mitglieder des Obersten Wahlgerichts (TSE) gehören derweil nicht dazu, da das Parteiengesetz für ihre Berufung andere Mechanismen vorsieht. Bislang haben sich die entsprechend Interessierten die Willkür der Aufstellung und Wahl zunutze gemacht, um zu erreichen, ihre eigenen Leute auf die Positionen zu heben, die bei Bedarf zu ihren Gunsten und möglicherweise weniger am Gesetz orientiert entschieden haben. Doch auf einmal, nur eine Woche nach dem Ruf von der Strasse, wurde die Petition befriedigt. Die Fraktion Líder stellte aufgrund des Drucksschliess-lich ihre unendlich scheinende Interpellation des Innenministers Salvador Gándara ein und erlaubte, dass die Entscheidung über das Postulationsgesetz in die Tagesordnung des Kongresses aufgenommen wurde. Trotz der vorherigen vehementen Unterstützungsverweigerung stimmten nun 128 Abgeordnete für den Vorschlag. Weitere 28, darunter die 26 Mitglieder der vormaligen Regierungspartei Grosse Nationale Allianz (GANA), zogen es vor, das Plenum zu verlassen, als Nineth Montenegro die individuelle Abstimmung beantragte. Bislang hatte auch die Regierungspartei Nationale Einheit der Hoffnung (UNE) sich gegen das Gesetz ausgesprochen, doch jetzt gab sie ihm ihre unbedingte Unterstützung. Ausserdem wurde die Ausschreibung für den Moment, in dem die Kommissionen mit der Auswahl der KandidatInnen anfangen, in diesem Jahr um einen Monat nach hinten verschoben. Damit ist garantiert, dass bereits die nächste anstehende Wahl, nämlich die Neubesetzung des Obersten Gerichtshofes, gemäss den neuen Vorgaben stattfindet. Nach oben |
Ziel des Gesetzes ist es, die Wahl der KandidatInnen zum einen transparenter zu gestalten und zum anderen objektivere Kriterien mit Schwerpunkt auf ihre berufliche Qualifikation einzuführen. Der Auswahlprozess soll auf Video aufgezeichnet, und regelmässig in der Zeitung über den Stand der Dinge informiert werden. Auf einer Punkteliste wird die Evaluation der BewerberInnen festgehalten, die Verteilung der Plätze erfährt eine neue proportionale Mischung, so dass die Möglichkeit besteht, dass auch Personen gewählt werden, die nicht auf bestimmten Listen stehen. Gleichwohl hat auch dieses Gesetz seine Schwächen, so ist die Gewichtung der Faktoren genauso unklar wie die Auswahl der Kriterien, die im Endeffekt in Betracht gezogen werden, da die allgemeine Gesetzeslage immer noch vorsieht, dass die zuständigen Kommission autonom sind. Auch ist mit der neuen Methode nicht garantiert, dass tatsächlich die besten ausgewählt werden, schliesslich ist auch die Bewertung der Erfüllung von Kriterien im grossen Masse subjektiv. Und auch wenn manche befürchten, dass immer noch - fern von den Kameras - unterm Tisch gemauschelt wird, wächst doch der Optimismus, dass mehr KandidatInnen als bislang tatsächlich wegen ihrer Fähigkeiten und nicht wegen ihrer Beziehungen die Stellen besetzen. Nichtsdestotrotz fordern sowohl Nineth Montenegro als auch Javier Monterroso vom Institut der vergleichenden Strafwissenschaften (ICCPG), dass es sowohl eine Verfassungsreform braucht als auch eine Einführung des professionellen Berufsweges in den Rechtswissenschaften, wonach Beförderungen durch Leistungsnachweise und Qualifizierungen vonstatten gehen und nicht nach der Zugehörigkeit zu gewissen Machtgruppen. Die aktuelle Konjunktur nach dem "Fall Rosenberg" war eindeutig ausschlaggebend für die Parteien, ihren politischen Willen zu demonstrieren, angesichts des gesellschaftlichen Druckes ein klares Zeichen zu setzen, die Straflosigkeit zu bekämpfen. Gleichzeitig, so erinnert Monterroso, sind die RichterInnen dann doch das letzte Glied in der Kette der Justizinstitutionen. Die Wahrung der Immunität passiert zuvor durch eine ineffiziente Staatsanwaltschaft und eine kriminalistische Ermittlung, die praktisch nicht existiert. |
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