Tote bei Landkonflikt
Fijáte 364 vom 19. Juli 2006, Artikel 2, Seite 3
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Tote bei Landkonflikt
Guatemala, 10. Juli. Auf der Finca La Moca, Senahú im Departement Alta Verapaz ist am 7. Juli ein Land- und Arbeitskonflikt - mit dem traurigen Saldo von einem toten Bauern und über 30 zum Teil schwer Verletzten - nicht zu Ende gegangen. Ein kurzer Rückblick: La Moca wurde Anfang dieses Jahres von ca. 300 ehemaligen ArbeiterInnen besetzt, die von den Fincabesitzern, zwei Brüdern deutscher Abstammung, entlassen worden waren, ohne dass ihnen die entsprechenden Entschädigungen und die ausstehenden Löhne ausbezahlt wurden. Die vertriebenen LandarbeiterInnen gehören zu 800 Familien, die ihr bisheriges Leben auf der Kaffeeplantage verbracht haben. Das guatemaltekische Gesetz sieht vor, dass FincaarbeiterInnen, denen vom Patron ein Grundstück und ein Haus für den Eigenbedarf zur Verfügung gestellt wurde, darin wohnen bleiben können, bis ihnen im Fall einer Entlassung sämtliche Lohn- und Entschädigungszahlungen entrichtet werden. Bei ArbeiterInnen, die fast ihr ganzes Leben quasi als Leibeigene auf der Finca verbracht haben, können diese Entschädigungen ziemlich hoch sein. Im Oktober 2005 wurden die Häuser der La Moca-ArbeiterInnen durch den Tropensturm Stan völlig zerstört. Im November 2005 boten die Fincabesitzer offenbar einigen ArbeiterInnen, denen sie Lohnzahlungen schuldeten, Grundstücke als Gegenleistung an. Dabei gaben sie jedoch weder an, wie viel Land jede Familie erhalten sollte, noch wo die zu übertragenden Grundstücke liegen sollten. Die Landarbeiterfamilien besetzten daraufhin ein zentral gelegenes Stück Land auf der Plantage, um gegen das Vorgehen der Grundbesitzer zu protestieren und Druck auf sie auszuüben, den Konflikt zu lösen. Die Plantagenbesitzer ihrerseits beschuldigten die ehemaligen ArbeiterInnen, das Land illegal zu besetzen, und wollten sie am 1. Februar 2006 von dort vertreiben. Als sie sich weigerten, das Grundstück zu verlassen, gingen Sicherheitskräfte mit Schlägen und Tränengas gegen sie vor. Die behelfsmässigen Unterkünfte der ArbeiterInnen wurden zerstört und zusammen mit dem Hab und Gut der Familien und den Ernteerträgen in Brand gesteckt. Am darauf folgenden Tag kehrten die Familien zurück und errichteten neue Unterkünfte. Zwei Tage später schossen Wachleute der Plantage auf vier der besetzenden Arbeiter und verletzten sie, als diese Wasser holen wollten. Die Männer wurden ins Krankenhaus gebracht, tauchten aber kurz darauf unter, weil sie fürchteten, festgenommen zu werden. Am Morgen des 6. April 2006 erschienen etwa 200 Polizisten und 80 Soldaten auf dem Gelände der Finca, um die Zwangsräumung vorzunehmen. Die Gespräche und Verhandlungen mit den Besetzenden dauerten bis zum Mittag, dann wurden sie ohne Einsatz von Gewalt von dem Gelände abgeführt. Seither leben sie im Freien an einer Strasse, wo sie keinen Zugang zu sauberem Wasser, Nahrungsmitteln oder Unterkünften haben. Nach oben |
Die Versionen über die Vorgänge vom 7. Juli sind unterschiedlich: Eine lautet, dass die Land- und Geldvergabe an nur einen Teil der Gruppe zu einer Spaltung führte und sie sich gegenseitig bekämpften. Eine andere sagt, die Fincabesitzer hätten einen Teil der Gruppe mit Waffen versorgt und sie zusammen mit ihren privaten Sicherheitskräften losgeschickt, um die anderen anzugreifen. Und eine dritte Version spricht davon , dass am vorletzten Samstag 253 Familien versucht haben, die Finca erneut zu besetzen und mit den Sicherheitskräften der Finqueros und bewaffneten Bauern mit Schüssen empfangen wurden. Offizielle Informationen darüber, was genau geschehen ist, liegen noch nicht vor, klar ist aber, dass die Ursache des tödlich endenden Konflikts die Nichteinhaltung der Verpflichtungen der Besitzer ist. Es zeugt aber auch von einem Versagen seitens des Staates, ist der Fall doch schon seit längerem bei den zuständigen Instanzen dargelegt worden. Gemäss Angaben der Nationalen Koordination der LandarbeiterInnenorganisationen CNOC ist der Tote von La Moca bereits die 18. Person, die im Laufe der Administration Berger umgebracht wurde, weil sie ihre "existentiellen Rechte" einforderte. Unterdessen wurde in Alta Verapaz ein Verhandlungstisch einberufen, der das Problem von La Moca angehen soll. Beteiligt daran sind: Frank la Rue und Mariela Aguilar als VertreterIn der Regierung und die beiden (drei?) Konfliktparteien. |
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