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Weder Schutz noch Gerechtigkeit

Fijáte 365 vom 2. August 2006, Artikel 1, Seite 1

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Weder Schutz noch Gerechtigkeit

Im Update-Bericht von Amnesty International werden verschiedene Fallbeispiele zitiert, die deutlich machen, mit welcher Verachtung gegenüber den Opfern die Untersuchungen von Frauenmorden zum Teil durchgeführt werden. So werden zum Beispiel Untersuchungen eingestellt, sobald festgestellt wird, dass die ermordete Frau eine Sexarbeiterin war oder wenn offensichtlich ist, dass Polizeikräfte in die Ermordung involviert waren, was keine Seltenheit ist.

Obwohl die Polizei gegenüber Amnesty International aufgrund des vor einem Jahr vorgelegten Berichts versicherte, man wolle eine Datenbank mit Informationen über vermisste Frauen und Mädchen einrichten, um diese mit den unidentifizierten Todesopfern abgleichen zu können, gibt es bis heute keine entsprechenden brauchbaren Informationen. Von den 176 Morden, die in den ersten drei Monaten des Jahres 2006 begangen wurden, konnte bei der Autopsie bloss bei einem Viertel der Frauen die Identität festgestellt werden. Als eine eher makabre "präventive" Massnahme begann die polizeiliche Dienststelle, die für Anzeigen von häuslicher Gewalt zuständig ist, die Fingerabdrücke aller Frauen aufzunehmen, die eine Anzeige wegen Gewalt gegen ihre Partner einreichen. Tatsache ist, wie bereits erwähnt, dass es sehr wenig Informationen über vor der Ermordung erlebte Gewalt der Opfer gibt, ausser in jenen Fällen, wo die durch den Partner verübte Gewalt die eigentliche Todesursache ist, was im vergangenen Jahr genau bei zwei Opfer der Fall war. Dies wiederum stellt die zitierte Massnahme der Fingerabdrücke in Frage. Das Problem ist also nicht in erster Linie ein technisches sonder ein gesellschaftliches, nämlich, dass Gewalt in der Beziehung nach wie vor ein riesiges Tabu ist und sowieso nur wenige Frauen Anzeige erstatten. Was wiederum die Täter in der Sicherheit der Straflosigkeit schwelgen lässt.

Oft wird in den Autopsieberichten auch gar nicht festgehalten, ob eine Frau vor ihrer Ermordung sexuelle Gewalt erlitten hat, sondern es wird bloss die eigentliche Todesursache festgehalten. Wird also eine Frau vergewaltigt und gefoltert, bevor sie durch eine Kugel getötet wird, mögen diese Informationen vielleicht im gerichtsmedizinischen Bericht noch festgehalten worden sein, geht es aber dann darum, sie in die Statistik aufzunehmen, heisst es dann schlicht und einfach "Erschossen".

Die Empfehlungen im Update-Bericht von Amnesty entsprechen weitgehend den Forderungen des vor einem Jahr veröffentlichten Berichts.


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