CICIACS: Nicht vorwärts, nicht zurück
Fijáte 296 vom 5. Nov. 2003, Artikel 4, Seite 4
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CICIACS: Nicht vorwärts, nicht zurück
Guatemala, 24. Okt. Laut Zeitplan sollte sie längst ihre Arbeit aufgenommen haben, die Kommission zur Untersuchung und Bekämpfung von klandestinen Gruppen (CICIACS). Doch hat der Diskussionsprozess über das Wie und Wer zuerst bei der guatemaltekischen Regierung und später bei den Vereinten Nationen die Einsetzung der Kommission verzögert. Nun hat die UNO endlich ,,Ja" gesagt, aber zu Bedingungen, die den guatemaltekischen Menschenrechtsorganisationen nicht passen. Sie verlangt nämlich das alleinige Mandat für die Kommission und die Freiheit, sowohl die nationalen wie die internationalen Mitglieder der CICIACS bestimmen zu können. Dies steht im Gegensatz zum Vorschlag vom 13. März 2003, in dem das Aussenministerium, das Menschenrechtsprokurat und die Menschenrechtsorganisationen eine ,,gemischte" Kommission forderten, zusammengesetzt aus VertreterInnen der UNO, der Organisation Amerikanischer Staaten (OEA) und der guatemaltekischen Zivilgesellschaft. Die UNO schlägt nun ein ähnliches Funktionieren für die CICIACS vor wie das der Mission der Vereinten Nationen für Guatemala MINUGUA, die voraussichtlich bis Ende 2004 im Land bleiben wird. Der Unterschied soll sein, dass die CICIACS Strafverfolgungen einleiten kann, was bei der MINUGUA nicht der Fall ist. Laut Aussenminister Edgar Gutiérrez entspricht der Vorschlag der UNO zu 90% dem, was mit den nationalen Menschenrechtsorganisationen und -instanzen Anfang des Jahres ausgemacht wurde. Das kleine Detail ist, dass eben die UNO eine internationale und von ihr auserwählte Kommission will, wobei z.B. die guatemaltekische Staatsanwaltschaft aussen vor bleiben würde. Ebenfalls neu am UNO-Vorschlag ist, dass sie als Klägerin auftreten will. Gemäss Mario Polanco von der Menschenrechtsorganisation GAM geht es nicht nur darum, dass die Staatsanwaltschaft in diese Kommission eingebunden werden muss, um ihr im Land selber Glaubwürdigkeit zu verleihen, sondern es müssten auch Änderungen in der guatemaltekischen Gesetzesordnung vorgenommen werden, damit eine CICIACS, wie sie die UNO vorschlägt, überhaupt legal arbeiten kann. Denn laut guatemaltekischem Gesetz sind Strafuntersuchungen allein der Staatsanwaltschaft vorbehalten. Dass aber solche Gesetzesanpassungen überhaupt durchgeführt werden, hängt vom politischen Willen der Regierung ab, der im Falle der Regierung unter Präsident Portillo nicht vorhanden ist. Nach oben |
Es müssen der Wahlausgang und die Einsetzung der neuen Regierung im Januar 2004 abgewartet werden, um generell solche Gesetzesänderungen voran zu treiben. Nach einem detaillierten Studium des UN-Vorschlags kommen der Menschenrechtsprokurator Sergio Morales und die guatemaltekischen Menschenrechtsorganisationen zu dem Schluss, dass er Widersprüche in sich birgt, die als Verfassungswidrigkeiten ausgelegt werden können. Der Vorschlag der UNO sei sehr unklar formuliert. Ausserdem sei es an der Zeit, dass man sich gemeinsam an einen Tisch setze und zu allererst Missverständnisse aus dem Weg räume, erklärte Frank LaRue vom Menschenrechtszentrum CALDH gegenüber der Presse. Danach erst könne man inhaltlich mit Verhandlungen beginnen. Morales seinerseits findet es beunruhigend, dass die UNO eine Kommission einsetzen will, die sich zwar dem guatemaltekischen Gesetz unterstellt, aber nicht mit den bestehenden Justizinstitutionen zusammenarbeiten will. Ganz einig, wie sie sich zu dem UNO-Vorschlag stellen wollen, sind sich die Menschenrechtsorganisationen offenbar bei ihrem Treffen nicht geworden, denn eine gemeinsame öffentliche Position kam nicht zustande. Unterschiede mögen darin bestehen, dass die einen und damit vertreten sie die Meinung von Aussenminister Gutiérrez die CICIACS so schnell wie möglich eingesetzt sehen wollen. Gesetzesänderungen und sonstige Verhandlungen könnten dann immer noch realisiert werden. Andere wiederum sprechen sich dafür aus, lieber noch etwas abzuwarten und die notwendige legale Basis zu schaffen, damit die CICIACS von Vornherein effektiv arbeiten kann. VertreterInnen dieser Position befürchten, dass, wenn jetzt überstürzt gehandelt wird, zwar die Kommission zu arbeiten beginnt, ihr aber bei der erstmöglichen Gelegenheit juristische Hürden aufgebaut werden, die den ganzen Prozess lahm legen. Zum anderen wollen sie Edgar Gutiérrez die Freude nicht machen, dass er die Gründung der CICIACS auf seine höchsteigene Fahne schreiben kann, hat er doch sonst als Aussenminister nicht viel erreicht. |
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