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Die Indigenen Völker gegen den Rest der Welt

Fijáte 213 vom 5. Juli 2000, Artikel 1, Seite 1

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Die Indigenen Völker gegen den Rest der Welt

Der zweite Begriff, den sie nicht akzeptieren, ist derjenige des ,territorialen Rechts'. Ein Volk hat das Recht auf eigenes Land. Und wenn einem Volk das territoriale Recht zugestanden wird, kann keine Instanz, sei diese staatlich oder privat, intervenieren. Wohlbemerkt, die Transnationalen Unternehmen respektieren dieses Recht nicht und dringen in von Indigenen Völkern bewohnte Gebiete ein!

Das dritte Thema, auf das die Regierungen nicht eingehen wollen, ist das ,Kollektivrecht'. Für sie gibt es individuelle Rechte, aber keine kollektiven Rechte. Das Kollektivrecht gilt nur für Länder, es gibt z.B. das Kollektivrecht der guatemaltekischen Gesellschaft, aber es gibt kein Kollektivrecht für ein Volk innerhalb einer Nation.

Diese drei Forderung brechen mit den herrschenden Gesetzen und die Regierungen argumentieren dagegen, indem sie sagen, dass wir einen Staat innerhalb des Staates wollen. Aber darum geht es uns ja gar nicht.

Über diese drei Themen konnte sich die Ad-hoc-Arbeitsgruppe nicht einigen und wir konnten keine gemeinsame Resolution verabschieden. So wurde bloss ein Bericht eingereicht, in dem festgehalten ist, dass wir zu keinen Konsens kamen, und der verschiedenen Meinungen dokumentiert.

Für uns ist es sehr schlimm, dass wir nicht zu einem Konsens kamen, denn so wie die Situation jetzt aussieht, stehen die Chancen schlecht für ein 'foro permanente' der Indigenen Völker. Grundsätzlich ist man sich zwar einig, dass ein solches 'foro permanente' geschaffen werden muss, und zwar 'auf höchster Ebene', wie es in dem Dokument hiess. Doch was bedeutet ,auf höchster Ebene'? Auch das ist ein Begriff, der in der Ad-hoc-Arbeitsgruppe Diskussionen auslöste. Die Indigenen Völker haben halbwegs akzeptiert, dass das 'foro permanente' unter der Führung des Rats für Wirtschaft und Soziales (ECOSOC) gestellt wird, etwa gleichwertig wie die Menschenrechtskommission.

Ebenfalls einigen konnte man sich darauf, dass das 'foro permanente' eine paritätische Vertretung haben und aus nicht mehr zwanzig Personen bestehen soll. Seitens der Indigenen Völker forderten wir, dass es mindestens 34 Personen sein sollen, somit wären immerhin je zwei VertreterInnen aller Gebiete, in denen wir glauben, dass Indigenen Völker leben, im 'foro permanente' vertreten. Darüber brach die Diskussion aus, nach welchen Kriterien ein Volk als ,Indigenes Volk' definiert wird. Es gibt Staaten, die von sich behaupten, sie hätten keine Indigenen Völker, einige afrikanische und asiatische Staaten z.B. Das Problem ist, dass es keine offizielle Definition gibt, was ein Indigenes Volk ist. Es gibt eine Studie der Vereinten Nationen über Indigene Völker, herausgegeben vom VGkubanischenNF Vertreter innerhalb der Expertenkommission. Doch diese Studie bezieht sich auf die Indigenen Völker in Amerika. Für die asiatischen und afrikanischen Länder gibt es noch keine definierten Charakteristiken, was Indigene Völker sind und was sog. ,Minderheitengruppen'. Für uns ist jedoch klar, egal wie sie definiert werden, gibt es in Asien und Afrika Gruppen, die unter ähnlichen Bedingungen leben wie die Indigenen Völker Amerikas und deshalb müssen sie einbezogen werden, wenn es um die Schaffung der Zukunft der Indigenen Völker geht.

Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hat ihre Arbeit soweit beendet. Die Sache liegt jetzt in der Hand der Menschenrechtskommission bzw. der Kommission für Wirtschaft und Soziales (ECOSOC), und was wir jetzt machen müssen, ist Lobbyarbeit. Die Entscheidung über die Gründung eines 'foro permanente' für Indigene Völker fällt voraussichtlich im Sommer. Das Problem ist, dass wir zu diesen Sitzungen keinen Einlass haben, es werden nur die Regierungen daran teilnehmen. Um da reinzukommen, muss eine Organisation den ,Beobachterstatus bei der UNO' (estatus consultivo) haben, was in Guatemala bei keiner Organisation der Fall ist, d.h. wir müssen uns immer über andere Organisationen einmischen.

Trotzdem glaube ich, dass sich die ganze Arbeit lohnt. Vielleicht kann man nicht viel erreichen, aber man erreicht immerhin eine Sensibilisierung für das Thema. Es geht uns nicht in erster Linie darum, ob ein 'foro permanente' geschaffen wird oder nicht, sondern das Thema selber ist ,permanent', man muss permanent daran arbeiten. Klar ist unser Ziel, innerhalb der UNO eine Instanz für Indigene Völker zu haben, aber wir sind uns auch bewusst, dass die UNO eine höchst bürokratische Organisation ist und wir uns nicht nur darauf konzentrieren können, sondern parallel dazu auch auf anderen Ebenen aktiv sein müssen. Auf staatlicher Ebene z.B. Wenn wir als guatemaltekische Indígenas hier nicht vertreten wären, wer weiss, was für eine Position die guatemaltekische Regierung dann gegenüber der Schaffung eines 'foro permanente' für Indigene Völker einnehmen würde!

Wir verfolgen eigentlich zwei Hauptziele: einerseits die ganze Sache hier bei der UNO und andererseits wollen wir auch einen Einfluss auf die guatemaltekische Regierung in Bezug auf diese Frage nehmen. Das ist pure Lobbyarbeit und es geht uns nicht um Druckausübung sondern um politische Beziehungen. In dieser Beziehung würde ich sagen, haben wir einiges erreicht. Die Einstellung der guatemaltekischen Regierung gegenüber den Indigenen Völkern hat sich in den letzten Jahren verändert. Aber die Hauptfrage bleibt bestehen: Wie ist es möglich, dass das Thema Indigene Völker ein spezielles Thema innerhalb der Menschenrechte sein muss, wenn doch die meisten Verletzungen der Menschenrechte an der indigenen Bevölkerung begangen werden?


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