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Kleine Hände ernten Kaffee

Fijáte 456 vom 17. März 2010, Artikel 1, Seite 1

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Kleine Hände ernten Kaffee

Der Lohn

Die Tagelöhner auf der Finca San Jaime bekommen 36 Quetzales für das Pflücken von vier Kisten Kaffeekirschen. Das sind etwa drei Euro für hundert Pfund. Soviel kann eine geübte Person an einem Tag pflücken, aber nur, wenn die Bedingungen günstig sind. Mit der Hilfe ihrer Kinder schafft sie natürlich mehr.

Doña Marta und ihre beiden Söhnen haben an diesem Tag nur knapp zwei Euro verdient. José ist enttäuscht. "Es werden so 24, 26 Quetzales sein, obwohl wir zu dritt gepflückt haben. Aber zum Essen brauchen wir fast 30, 40 Quetzales. Es reicht also nicht."

Ein Liter Milch kostet in Guatemala fast einen Euro. Auch Fleisch ist teuer. Das kann sich Doña Marta nur selten leisten. Dafür sind frisches Obst und Gemüse günstig. Aber der Warenkorb für eine ausreichende Ernährung, so wie ihn das Kinderhilfswerk VGUNICEFNF beschreibt, steht Doña Marta nie zur Verfügung. Sie verdient ja nicht einmal den gesetzlich vorgeschriebenen VGMindestlohnNF, und selbst der liegt weit unter dem Existenzminimum. Der Verwaltungsassistent der Finca, Don Camilo, gesteht unumwunden ein, dass er den TagelöhnerInnen zu wenig zahlt: "Sie bekommen weniger als den Mindestlohn und das auch nur während der Erntezeit. Den Rest des Jahres gibt es keine Arbeit. So gesehen geht es ihnen hier zur Zeit noch gut. Richtig hart wird es erst wieder, wenn die Ernte vorbei ist."

Kurz bevor die Sonne untergeht, schleppen die ErntearbeiterInnen ihre gefüllten Säcke aus allen Winkeln der Finca bis zu einer Wegkreuzung, an der sie sich in eine Wartereihe hinter einem Lastwagen stellen. Auf der Ladefläche steht Don Camilo mit einem Schreibblock unterm Arm. Darin sind alle Familien registriert, die auf der Finca arbeiten. Hinter den Namen trägt er die jeweiligen Ernteergebnisse ein. Meist entscheidet Don Camilo nach Augenmass über das Gewicht der Kaffeesäcke. Doch wenn er es genau wissen will, werden die Kaffeekirschen nach und nach in eine Holzkiste gefüllt, in die angeblich genau 25 Pfund passen. Der junge Mann räumt ein, dass er nicht immer das exakte Gewicht in sein Heftchen notiert: "Wenn sich jemand nicht ordentlich benimmt, schreibe ich nicht alles auf. Zum Beispiel versuchen manche, mich reinzulegen, so wie der Mann dort drüben. Er hat gesagt, in seinem Sack seien fünf Kästen voll. Wir haben das überprüft. Es waren nur vier. Er wollte uns also bestehlen."

Don Camilo ist nicht besorgt, dass er die Ernteergebnisse der ArbeiterInnen fehlerhaft berechnen könnte. Wenn er am Ende der Woche die Summe bekannt gibt, protestiert nie jemand. Die meisten PflückerInnen können weder lesen noch rechnen. Ausserdem wissen sie, dass es sich nicht lohnt, einen Streit anzufangen.

Der faire Handel

In Europa interessieren sich zunehmend mehr KaffeekonsumentInnen für die Arbeitsbedingungen der ErntearbeiterInnen auf den Plantagen. In einigen Fällen kaufen die Betreiberfirmen der Kaffeebars die Bohnen direkt bei VGKooperativen in den Anbauländern. So werden Zwischenhändler ausgeschaltet und die ProduzentInnen bekommen einen sehr viel besseren Preis ausbezahlt. Ähnlich funktioniert das Prinzip des fair gehandelten Kaffees mit einem Gütesiegel. Fair Trade-Gütesiegel-Produkte werden heute in den meisten Supermarktketten angeboten. So haben die KonsumentInnen in Europa die Möglichkeit, die Lebensbedingungen einiger kleiner KaffeeproduzentInnen und ihrer Familien deutlich zu verbessern. Doch noch ist der faire Handel eine Marktnische. In VGDeutschlandNF gibt es ihn seit 1970 mit dem mageren Ergebnis, dass heute zwei bis drei Prozent des Kaffees fair gehandelt wird.

Bei dieser niedrigen Menge kann der faire Handel nahezu nichts an den Lebensbedingungen des Grossteils der TagelöhnerInnen in Ländern wie Guatemala ändern. Um die Situation der ArbeiterInnen auf den grossen Kaffeeplantagen zu verbessern, müssten sich die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb des Landes deutlich ändern. Das weiss auch der kleine José und er möchte einen Beitrag leisten: "Es gibt viele Bauern und Bäuerinnen, die protestieren, damit ihre Rechte respektiert werden. Ich finde es gut, wenn sich die Armen zusammenschliessen. Ich würde auch gerne kämpfen für die Rechte der LandarbeiterInnen. Die Situation hier ist furchtbar, aber irgendwann wird es besser werden."


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