Gewalt bei Fincaräumung in Jalapa
Fijáte 348 vom 23. Nov. 2005, Artikel 4, Seite 3
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Gewalt bei Fincaräumung in Jalapa
Guatemala 11. Nov. Ein toter Campesino, vierzehn Verletzte darunter 4 Polizisten und 47 Verhaftete ist der Saldo bei der Räumung einer von 128 Familien besetzten Finca in Jalapa. Die Familien aus der Gemeinde El Terreno hielten seit über einem Monat die Finca Gertrudis besetzt. Gemäss Angaben der Polizei gingen der Räumung vier Stunden erfolgloser Verhandlungen zwischen den besetzenden BäuerInnen und VertreterInnen des Menschenrechtsprokurats (PDH) voraus, bis schliesslich der Friedensrichter den Befehl an 310 Polizisten und 50 ,,verstärkende" Soldaten gab, die Finca zu räumen. Die BesetzerInnen wehrten sich mit Steinen, Stöcken, Flaschen, Macheten und Schusswaffen. Die BäuerInnen selber bestreiten den Besitz von Waffen und beschuldigen die Sicherheitskräfte des Fincabesitzers, das Feuer gegen sie eröffnet zu haben. Die Landpastorale von Jalapa verurteilte die Gewaltanwendung und den Einsatz von Tränengas gegen die Besetzenden, unter denen es Kinder und alte Menschen gab. Nebst Polizei und Militär hätten auch sog. Pistoleros, bewaffnete Sicherheitskräfte des Grossgrundbesitzers der Region, an der Räumung teilgenommen, wie ein Vertreter der Landpastorale sagte. Die wenigen Besitztümer der BäuerInnen, wie Kleider, Nahrungsmittel, Kochutensilien, Betten und Fahrräder, seien verbrannt worden, was einem Verbrechen gleichkomme, da jede Person das Recht habe, bei einer Räumung ihr Eigentum zu retten. Die Landpastorale will eine entsprechende Klage einreichen und eine Entschädigung für die BäuerInnen einfordern. Im Vorfeld der Räumung gab es einen Dialogprozess, nicht eingehaltene Versprechen und eine nicht ganz durchsichtige Intervention von Präsident Berger. Der ganzen Geschichte zugrunde liegt ein juristischer Disput um das Land. Die BäuerInnen weisen einen Landtitel aus dem 19. Jahrhundert vor, der sie als Besitzende ausweist, der Finquero hat einen Landtitel jüngeren Datums - ein weit verbreitetes Problem in Guatemala, das irgendwie, aber sicher nicht mit Gewalt gelöst werden muss. Nach oben |
Dass nach der Räumung der Finca Nueva Linda im August 2004, bei der 14 Personen ums Leben kamen, und der Ermordung von fünf Bauern durch den Besitzer der Finca El Corozo im Februar 2005, ein Landstreit erneut ein Todesopfer forderte, ist ein klares Zeichen für das Scheitern der Regierungspolitik in Sachen Konfliktlösung. Im Verlauf der Regierungszeit von Präsident Berger haben sich die gewaltsamen Fincaräumungen verdreifacht und die Agrarpolitik eine unternehmerische und die GrossgrundbesitzerInnen begünstigende Richtung eingeschlagen. Bis zum Redaktionsschluss befanden sich noch immer 45 Bauern der Finca Gertrudis in Haft, von denen gemäss eigenen Angaben 25 bloss ,,Zuschauer" bei der Räumung waren. In Sechsergruppen wurden sie dem Friedensrichter vorgeführt und wegen ,,gravierender Invasion" verurteilt. Im aus allen Nähten platzenden Gefängnis von El Progreso teilen sie die Zellen mit Schwerstverbrechern. Unklarheit herrscht unterdessen über die Anzahl verhafteter Frauen. Während das Menschenrechtsprokurat verneint, dass es unter den Verhafteten Frauen gibt, sprechen andere Quellen von fünf, die ohne Kleider und unter Misshandlung festgehalten werden. |
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