maras als Sündenböcke
Fijáte 292 vom 27. August 2003, Artikel 7, Seite 5
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maras als Sündenböcke
Guatemala, 21. Aug. Als hätten sie es abgesprochen, veröffentlichten die verschiedenen Tageszeitungen Guatemalas in den letzten Wochen ausführliche Reportagen über die maras (Jugendbanden), die vor allem in der Hauptstadt für Angst und Unsicherheit sorgen. Die einzelnen Artikel zeichnen sich dadurch aus, dass sie das Phänomen der maras unabhängig vom politischen und sozialen Klima im Land behandeln und entsprechend auch nur kurzfristige Lösungsvorschläge präsentieren. Der Grundtenor der Artikel lautet: Die maras kontrollieren den Drogenhandel, erpressen die Buschauffeure bzw. überfallen deren Fahrzeuge, sind verantwortlich für die zunehmenden Morde an Frauen, haben ganze Stadtteile unter ihrer Herrschaft, bringen Leute wegen eines Mobiltelefons oder weniger um, etc. Um dem Thema noch etwas Brisanz hinzuzufügen, werden lateinamerikanische Vergleiche und die Schlussfolgerung gezogen, dass es nirgends so schlimm sei wie in Guatemala. Seit einem Monat führt die Polizei die ,,Aktion Besen" durch, deren Name allein schon das wahrscheinliche Scheitern des Projekts ankündigt, denn einfach wegkehren kann man das Problem der maras nicht. Doch vorläufig spricht die Polizei von einem Erfolg, allein in der Hauptstadt hat sie im Verlauf dieses Monats über 500 Personen, sogenannte mareros oder pandilleros, verhaftet. Ohne die maras und die Gewalt, die sie ausüben, verharmlosen zu wollen, ist es offensichtlich, dass das Thema aufgebauscht wird, um von anderen dringlichen, das Land betreffenden Problemen abzulenken. Und der Trick klappt: Das Thema ist in aller Munde und alle haben etwas dazu zu sagen. Während die einen ein härteres Durchgreifen der Polizei fordern und Bestrafung als das einzige Mittel der Abschreckung und Erziehung sehen, fordern andere längerfristige Strategien, die darauf abzielen, den Jugendlichen ökonomische und soziale Alternativen zu bieten und sie in die Gesellschaft einzugliedern. Den Moment nutzend präsentierten Kongressabgeordnete der PAN am 19. August einen Gesetzesentwurf um den Artikel 396 der Strafgesetzordnung zu revidieren. Im aktuellen Gesetz heisst es: Diejenigen begehen das ,,Delikt der organisierten Straftat", die sich in Gruppen zusammenschliessen, um ein Verbrechen gegen Personen oder Güter zu vergehen und geplant und organisiert die Menschenrechte der BürgerInnen bedrohen oder verletzen. Nach oben |
Im Gesetzesvorschlag gilt nun allein das Zusammenstehen oder Gruppieren im öffentlichen Raum als bedrohend und strafbar. Als mara oder Jugendbande gilt, wer sich organisiert, um sich gegenseitig oder Dritte zu bedrohen, wer irgendwelche Waffen bei sich trägt, wer Symbole braucht, um sich von anderen abzugrenzen, oder wer Riten jedwelcher Art praktiziert. In der Praxis läuft das laut Alejandra Vázquez von der Sozialen Bewegung für die Rechte der Kinder und Jugendlichen darauf hinaus, dass Jugendliche aus den marginalisierten Stadtteilen, die lange Haare und Tatoo's tragen, massenweise verhaftet werden, und die Verbrechen, die erwachsene Menschen aus gehobeneren Schichten begehen, straflos bleiben. Vázquez spricht von einer ,,Kriminalisierung der Armut" und fordert die Regierung auf, endlich ihre Verantwortung in dieser Sache wahrzunehmen. |
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