Die Wiederherstellung der Einheit, eine Chance für die Zukunft
Fijáte 243 vom 5. Sept. 2001, Artikel 5, Seite 5
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Die Wiederherstellung der Einheit, eine Chance für die Zukunft
Mit dem folgenden Artikel möchte ich der Desinformation und der Mittelmässigkeit der guatemaltekischen Massenmedien etwas entgegensetzen. Ausserdem hatte ich die Gelegenheit, bei diesen einzigartigen Anlässen dabei zu sein und bei ihrer Vorbereitung mitzuwirken. Ich versuche, aus einer unparteilichen Perspektive eine Analyse des ersten Kongresses und der zweiten Generalversammlung der URNG zu machen, erlaube mir aber auch ein paar persönliche Bemerkungen. Auf der zweiten Generalversammlung der URNG vom 26. August ist klar geworden, dass es zwei unterschiedliche Strömungen innerhalb der Partei gibt. Gleichzeitig kam aber auch der politische Wille der guatemaltekischen RevolutionärInnen zum Ausdruck, eine solide, linke Alternative in unserem leidgeprüften Land aufzubauen. Normalerweise legt auf einer Generalversammlung das Exekutivkomitee (CEN) seinen Rechenschaftsbericht ab. In diesem Falle bat der heutige Ex-Generalsekretär, Pablo Monsanto, um die Erlaubnis, seine eigene Sichtweise seiner Arbeit und der Situation der URNG darlegen zu dürfen. Dies war für ihn um so wichtiger, hatte er doch in den Wochen vor der Nationalversammlung nicht mehr an den Sitzungen des CEN teilgenommen und war entsprechend nicht an der Ausarbeitung des Rechenschaftsberichtes beteiligt. In seiner 90-minütigen Rede machte Monsanto eine selbstkritische Analyse der Vorgeschichte des aktuellen Konflikts innerhalb der Partei. Dabei erwähnte er die kollektive Verantwortung der ehemaligen Kommandanten der URNG in der mangelnden Orientierung und Begleitung der Basis während des Übergangs vom 'revolutionären Volkskrieg' zu den Verhandlungen als Grundstrategie des Kampfes. Dazu gehört auch der Wechsel von militärisch-hierarchischen Strukturen einer Guerilla zu einer der parteipolitischen Arbeit angemessenen, horizontalen und partizipativen Struktur. Als Unterzeichnerin der Friedensabkommen befand sich die URNG in den letzten fünf Jahren immer wieder in der Situation, einerseits den Demokratisierungsprozess anzutreiben und andererseits, in Opposition zu den rechten Regierungen zu stehen. Hin- und hergerissen zwischen diesen beiden Rollen und einer intoleranten Gesellschaft mit einem hohen Konfliktpotential, hat es die Parteiführung nicht geschafft, ihre politischen und strategischen Vorstösse so zu lancieren, dass sie sowohl der Gesellschaft wie auch der Parteibasis gerecht wurden, führte Monsanto aus. Davon ausgehend und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die internen Probleme weit über dieses historische und ideologische Niveau hinausgehen und auch viel mit persönlichen Differenzen zu tun haben, gab die erste Generalversammlung vom Mai 1999 dem Exekutivkomitee den Auftrag, einen Parteikongress durchzuführen. Dieser Kongress sollte unter Beteiligung einer breiten Basis stattfinden und Gelegenheit bieten, programmatische, strategische und ideologische Aspekte zu analysieren und diskutieren. Die Vorbereitungen zu diesem Kongress haben vor mehr als einem Jahr begonnen und wurden mehrere Male wegen persönlichen und methodischen Differenzen unterbrochen. Das Öffentlichwerden des 'Fall Noriega' im letzten Oktober und der Umgang damit, verschärfte die Situation und trieb einen weiter Keil in die bereits gespaltene Partei. Meiner Meinung nach war genau dies der Moment, als Pablo Monsanto begann, sich zurückzuziehen. Statt eine objektive und selbstkritische Diskussion innerhalb der CEN zu eröffnen, nahm er eine unflexible Haltung ein. Zusammen mit einer kleinen Gruppe von ehemaligen FAR-Leuten verteidigte er anfänglich Noriega durch dick und dünn. Später rückte er von dieser Position ab, offenbar aufgrund von Druck einer sich um ihn gebildeten Gruppe, die im Februar dieses Jahres unter dem Namen "Strömung zur Rückgewinnung der Revolution" an die Öffentlichkeit trat. Nach oben |
Die Corriente vertritt einen linksradikalen Diskurs und verbreitet den Eindruck, einer konsequenten revolutionären Ideologie zu folgen. Monsanto wird als Opfer der 'herrschenden Gruppe innerhalb der CEN' dargestellt, welcher gleichzeitig vorgeworfen wird, mit der FRG zu paktieren. Ein Vergleich der Forderungen der Corriente und dem Diskussionspapier des ersten URNG-Kongresses zeigt, dass keine grundlegenden ideologischen Unterschiede zwischen den beiden bestehen. Die Hauptforderungen der Corriente finden sich auch im Diskussionspapier und wurden vor dem Kongress von einer breiten Basis diskutiert. Ebenfalls zu finden sind sie in der Schlussresolution des Kongresses, die an die Nationalversammlung weitergeleitet wurde. Einige davon werde ich weiter unten erwähnen. Dieser einmalige Diskussionsprozess wurde von der Corriente und von Monsanto verkannt und boykottiert. Mitglieder der Corriente wurden zu den verschiedenen Arbeitsgruppen, die den Kongress vorbereiteten, eingeladen. Unverständlicherweise nahmen sie an diesem Prozess nicht teil oder zogen sich zurück, um dann später zu sagen, sie seien ausgeschlossen worden. Zum Kongress möchte ich noch erwähnen, dass 557 Delegierte aus 18 Departements teilgenommen haben (auch aus Gebieten, deren Departementssekretäre Monsanto unterstützen). Davon waren 70% Indígenas und 30% Frauen, auch die Jugend war stark vertreten. Eine der wichtigsten Resolutionen ist sicher die Definition der URNG als demokratische, revolutionäre und sozialistische Partei. Weiter wurde eine Kommission einberufen, deren Aufgabe es ist, die Statuten der Partei zu revidieren und die Resolutionen des Kongresses einzubeziehen. Es wurde beschlossen, solche Kongresse regelmässig durchzuführen, um die politischen Richtlinien zu überprüfen, aktualisieren und zu korrigieren. Der nächste Kongress soll spätestens 2003 stattfinden. Monsanto, der, ebenso wie seine AnhängerInnen, am Kongress nicht teilnahm, versuchte an der Generalversammlung eine Woche später mit seiner eingangs erwähnten Rede die Unterstützung der Delegierten für seine Wiederwahl zu gewinnen. Doch seine Strategie hatte nicht den gewünschten Erfolg. Die Wahl seiner Nachfolge fand in einer angespannten Atmosphäre statt, endete aber mit einem klaren Ergebnis. Die Liste von Alba Estela Maldonado (Ex-Comandante Lola), die Mitglieder der vier Ex-Organisationen der URNG einschliesst, gewann mit 154 zu 120 Stimmen, bei 5 Enthaltungen. Zum ersten Mal in der Geschichte Guatemalas ist eine Frau Generalsekretärin einer Partei. Das 15-köpfige Exekutivkomitee umfasst vier Frauen, wovon eine Indígena ist, und insgesamt fünf Indígenas. Damit kommt die URNG dem einen Schritt näher, was sie als moderne linke und transparente Partei proklamiert. Der Ex-Generalsekretär und seine AnhängerInnen haben versprochen, in der Partei und zugunsten eines revolutionären Projekts weiterzuarbeiten. Die neue Generalsekretärin rief in ihrer Antrittsrede zur Einheit auf und zur Stärkung jener Instrumente, die eine Beteiligung aller ermöglicht. Dies brauche Zeit und den Einsatz aller und die Partei habe jetzt die Gelegenheit zu beweisen, dass es möglich sei, eine progressive linke Alternative in Guatemala aufzubauen. Juan Ramón Ruiz |
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