Die Gewalt im Land eskaliert
Fijáte 352 vom 1. Feb. 2006, Artikel 7, Seite 5
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Die Gewalt im Land eskaliert
Guatemala, 28. Jan. Das Jahr 2006 zeichnet sich mit einem Schnitt von derzeit 16 Morden am Tag als das gewaltsamste der letzten drei Jahre in Guatemala ab. Zwischen dem 1. und 19. Januar starben gemäss offiziellen Zahlen 304 Personen auf gewaltsame Weise. Die Gewaltspirale zieht immer grössere Kreise, obwohl die Regierung die Streifen von kombinierten Kräften - aus Zivilpolizei (PNC) und Militär - in den als die gefährlichsten geltenden Zonen verstärkt hat. Am vergangenen Wochenende wurden 31 ermordete Personen ins Leichenschauhaus des Justizorganismus allein aus dem Einzugsbereich der Hauptstadt eingeliefert, von Samstag früh bis Sonntag früh starben hier 20 Menschen durch Gewalt. Gemäss Angaben der Kriminalermittlungsabteilung der PNC sei mehr als die Hälfte der Morde auf Konfrontationen zwischen Banden des organisierten Verbrechens zurückzuführen, dazu werden lapidar sowohl der Drogenhandel als auch die Jugendbanden (maras) gezählt. Die offiziellen Hypothesen nehmen neben den genannten Bandenkriegen noch das gewöhnliche Verbrechen und Verbrechen aus Leidenschaft in die Liste der potentiellen Erklärungen auf. Emilio Goubaud von der Vereinigung zur Verbrechensprävention (APREDE) vertritt die These, dass es sich bei der eskalierenden Gewalt um soziale Säuberung handle und die Polizeiinstitution in Verbindung stehe mit den Morden an Jugendbandenmitgliedern der letzten Monate. Auch private Sicherheitskräfte seien involviert, würden gar zu diesem Zweck konkret angeheuert. Angesichts dieser Situation fordern diverse Sektoren der Gesellschaft von den Autoritäten der Regierung Berger den Einsatz eines integralen Sicherheitsplans, der den Kampf gegen die Gruppen erlaubt, die die Verbrechensnetzwerke bilden. Berger gesteht derweil ein, dass es für seine Administration "schwierig" sei, diesen Problemen Einhalt zu gebieten. Zudem wirken seine Aktionsvorschläge billig, wenn er versichert, dass Anstrengungen in der Prävention und in der Weiterbildung der PNC unternommen würden und er anordnet, dass es vornehmlich in den gefährlichen Gegenden mehr Strassenbeleuchtung geben solle. Offensichtlich fühlt sich Guatemala in guter Gesellschaft, beschwichtigt doch der Präsident, dass es Jugendbandenprobleme in 33 Städten der USA gebe. "Wir wissen, dass es etwas ist, was uns alle in zahlreichen Ländern betrifft", gibt er sich und das Land dem Schicksal hin. Nach oben |
Statistiken des Innenministeriums führen auf, dass im vergangenen Jahr 5´338 Morde verübt wurden, 15 Prozent mehr als in 2004 mit 4´507 Morden. 640 der Opfer des letzten Jahres waren Frauen, von denen die Mehrheit vergewaltigt wurde und ebenso wie ein Grossteil der männlichen Opfer Zeichen von Folter aufwies. Für Menschenrechtsprokurator Sergio Morales beweist das Auffinden von Personengruppen - in den letzten Tagen fanden sich einmal drei, das andere Mal fünf brutalst Ermordete mit Anzeichen von Folteranwendung in abgestellten Autos - dass es für die Taten eine genaue Planung, Logistik und ausreichend Fahrzeuge gab, mittels denen sich die fünf bis acht TäterInnen straflos bewegen konnten. Die Sicherheitskrise, in der das Land derzeit steckt, ist eindeutig der Verantwortung des Staates zuzuschreiben, so der Ombudsmann. Dieser müsse die Gewalttaten verfolgen und sanktionieren, doch dieses Thema sei und bleibe von der aktuellen Regierungsadministration unerledigt. |
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