Polemik um MINUGUA-Bericht über Rassismus
Fijáte 247 vom 31. Okt. 2001, Artikel 9, Seite 6
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Polemik um MINUGUA-Bericht über Rassismus
Guatemala, 1. Okt. "In Guatemala gibt es noch viele Hindernisse zu überwinden um die Gleichstellung der indigenen Bevölkerung zu erreichen. Solche Hindernissen werden sowohl vom Staat aufgebaut, wie auch durch die Nicht-Kooperation der politisch aktiven Sektoren." Diese Worte sprach Gerd Merrem, Chef der MINUGUA, bei der Präsentation des neusten MINUGUA-Berichts mit dem Titel Indígenas in Guatemala - die Überwindung der Diskriminierung im Rahmen der Friedensabkommen. Der Bericht kommt zum Schluss, dass das Abkommen über die Identität und Rechte der indigenen Bevölkerung (AIDPI) dasjenige ist, dessen Umsetzung am meisten im Rückstand ist. Weiter heisst es in der Studie, dass die Indígenas traditionellerweise diskriminiert und ausgebeutet wurden, auf Grund ihrer Herkunft, ihrer Kultur und Sprache und dass sie auch heute wirtschaftlich und sozial ausgeschlossen sind. Das alles wurde schon oft wiederholt, von den Indígenas selber, von MINUGUA und anderen internationalen Organisationen, aber auch von der guatemaltekischen Regierung. Die Polemik löste Merrem aus, als er in seiner Rede sagte: "Wenn wir davon ausgehen, dass in Südafrika eine offizielle Apartheid herrschte, müssen wir sagen, dass in Guatemala eine faktische Apartheid besteht". Die auf diesen Kommentar folgenden Kolumnen, Editorials und LeserInnenbriefe in den guatemaltekischen Zeitungen drehten sich in erster Linie um die Frage, ob die Begriffe "Apartheid" und "Rassismus" angebracht seien, um die Diskriminierung der indigenen Bevölkerung in Guatemala zu beschreiben. Historische Abhandlungen wurden herbeigezogen, um zu beweisen, dass in Guatemala eine Apartheid besteht, bzw. nicht besteht. Lionel Sisniega Otero machte Gerd Merrem in der Tageszeitung Siglo XXI gar seine deutsche Herkunft zum Vorwurf. Im Vergleich zu Deutschland sei Guatemala ein Land, in dem es keine Brandstiftungen auf Maya-Unterkünfte gebe, in Guatemala gebe es keine Skinheads, die eine dunkle Vergangenheit wieder heraufbeschwören wollten und in Guatemala habe es keine Konzentrationslager gegeben, behauptete Sisniega Otero. Wenn ein Thema solche Wellen schlägt, muss zweifellos etwas dran sein. Leider ging in der Kontroverse um den Diskurs von Merrem der Inhalt des MINUGUA -Berichts völlig unter. Damit wenigstens die ¡Fijáte!-LeserInnen etwas davon erfahren, hier einige Daten über den sozialen, politischen und juristischen Ausschluss der indigenen Bevölkerung: 55% der Indígenas haben einen Wasseranschluss in oder bei ihrem Haus, von den Nicht-Indígenas besitzen 70% einen Wasseranschluss. Was die Stromversorgung betrifft, ist das Verhältnis ähnlich. Von den 24 MinisterInnen und VizeministerInnen sind drei Indígenas, obwohl die Mayas 60% der Bevölkerung ausmachen. An den insgesamt 511 Gerichten im ganzen Land hat es nur 69 RichterInnen, die nebst Spanisch eine Maya-Sprache sprechen, dazu kommen 60 ÜbersetzerInnen. 14% der PolizeibeamtInnen sind Indígenas, während es im Militär 95% sind. Nach oben |
Zum Schluss noch ein Zitat von Gerd Merrem, anlässlich der Präsentation des MINUGUA-Berichts über die Diskriminierung der indigenen Bevölkerung: "Die Kinder wachsen mit dem Rassismus auf und übernehmen ihn von der sie umgebenden Gesellschaft. Stereotypen werden durch die Medien wissentlich und unachtsam zementiert. Es ist dringend notwendig, diesen Stereotypen etwas entgegenzusetzen und die negativen Bilder durch positive zu ersetzen. Wir müssen unsere Kinder und MitbürgerInnen lehren, keine Angst vor der Verschiedenheit zu haben, sondern diese als wertvoll schätzen zu lernen." |
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