Streik der SozialversicherungsärztInnen
Fijáte 271 vom 23. Okt. 2002, Artikel 2, Seite 3
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Streik der SozialversicherungsärztInnen
Guatemala, 18. Okt. Nach zwei Jahren fruchtlosen Verhandlungen mit der Geschäftsleitung begannen Ende September rund 1300 ÄrztInnen des guatemaltekischen Sozialversicherungsinstituts (IGSS) einen unbefristeten Streik. Sie fordern die technischen Mittel, um den fast 2 Millionen Mitgliedern einen besseren Service bieten zu können sowie eine Gehaltserhöhung um 30%. Solange ihre Forderungen nicht erfüllt seien, würden sie ihre Arbeit auf die Betreuung hospitalisierter PatientInnen, auf die Intensivstation und auf die Begleitung von Geburten beschränken, erklärte der Sprecher der ÄrztInnen, Jorge Oritz. Und weiter: Es sei nicht tolerierbar, dass medizinische SpezialistInnen, die fürs IGSS arbeiten, nur knapp 400 US-$ verdienen. Ebenso wenig sei es tolerierbar, dass PatientInnen, die um eine Arztvisite ersuchen, bis zu sechs Monate Wartezeit in Kauf nehmen müssen, was auf einen Mangel an Personal zurückzuführen sei. Der Streik betriff die rund 60 externen Konsultorien des IGSS. Kurz darauf kamen bei zwei Busunglücken total rund 50 Personen ums Leben. Die IGSS-Geschäftsleitung nutzte diese "Gelegenheit", um gegen 600 der streikenden ÄrztInnen eine Klage wegen "Nichterfüllung ihrer Pflicht" einzureichen. Die Richtigstellung der ÄrztInnen, in den externen Konsultorien würden gar keine Notfälle aufgenommen, ging im Schock über die Busunfälle unter. Der nächste Schritt der Geschäftsleitung war die Entlassung von 85 am Streik beteiligten ÄrztInnen. Dafür wurden 100 ÄrztInnen neu eingestellt, die den Betrieb in den lahmgelegten Konsultorien wieder aufnehmen sollen. Daraufhin stellte sich die Ärztekammer voll hinter die entlassenen KollegInnen und gab bekannt, dass Angehörige der Kammer sanktioniert würden, falls sie sich auf ein solches Jobangebot einlassen würden. Am 11. Oktober gaben die streikenden IGSS-ÄrztInnen bekannt, sie seien bereit, die Arbeit wieder aufzunehmen, wenn die Geschäftsleitung ihrerseits verspreche, die entlassenen KollegInnen wieder einzustellen und die Klagen gegen die anderen zurückzuziehen und garantiere, dass die bereits Anfang September vor dem Arbeitsgericht zugesicherte 30%-ige Gehaltserhöhung ausbezahlt würde und nicht bloss eine 10%-ige, wie es Anfang Oktober der Fall war. Nach oben |
Was bei der ganzen Diskussion in den Medien nie erwähnt wurde, ist, dass sich auch der Vorstand des IGSS völlig uneinig über die Ausrichtung der Institution ist. Das IGSS ist eine halbautonome Einrichtung, wobei es immer wieder Stimmen gibt und entsprechende Umsturzversuche innerhalb des Vorstandes, das IGSS staatlicherseits zu intervenieren. Die Idee des IGSS ist, den staatlichen und privatwirtschaftlichen Angestellten eine Krankenversicherung und eine Pension zu garantieren. Sowohl ArbeitgeberInnen wie ArbeitnehmerInnen sind theoretisch verpflichtet, einen minimalen Prozentsatz des Lohnes ins IGSS einzubezahlen. Nun ist aber eines der Probleme, dass viele ArbeitgeberInnen den Betrag zwar vom Gehalt ihrer Angestellten abziehen, aber nicht ans IGSS überweisen. Und das andere grosse Problem ist, dass immer wieder Gelder des IGSS dazu gebraucht wurden, um serbelnde Banken vor dem Konkurs zu retten und dieses Gelder zum Teil verloren gingen oder eingefroren sind. Insofern erstaunt es nicht, dass der Vorstand des IGSS nicht bereit ist, mit den ÄrztInnen über eine Gehaltserhöhung zu diskutieren, denn sonst käme der skandalöse Umgang, der mit dem Geld der Mitglieder betrieben wird, wieder einmal auf den Tisch. |
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