Reaktionen auf eine Reportage
Fijáte 231 vom 21. März 2001, Artikel 3, Seite 4
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Reaktionen auf eine Reportage
BASIC RESOURCES reinigt verschmutzte BohrlöcherVon Andreas Boueke. Am 26. November 2000 veröffentlichte die Tageszeitung El Periódico meinen Artikel "Alte Bohrlöcher verschmutzen die Umwelt". Einige Wochen später bin ich nach Rubelsanto zurückgekehrt, das Dorf, in dem ich vorwiegend recherchiert hatte. Ich stellte fest, dass mehrere der verschmutzten Stellen, über die ich berichtet hatte, bereits gesäubert worden waren. Ein Bewohner erzählte mir: "Noch nie haben sie so viel in Säuberung investiert. Seit die BASIC merkte, dass Sie hier waren um zu recherchieren, haben sie mehr Personal eingestellt für die Säuberung der Bohrlöcher. Sie kommen schnell voran." In der Nacht konnte ich Scheinwerfer von Maschinen sehen, die wahrscheinlich die Verschmutzung in der Nähe des Bohrlochs 102 säuberten. "Seit Sie das letzte Mal hier waren, hat die Verschmutzung abgenommen", meinte einer der Arbeiter. "Ihre Ankunft hier hat die lokalen Chefs überrascht. Die Medien haben noch nie auf diese Art über das Unternehmen berichtet." Seit meinem letzten Aufenthalt kennen mich viele Leute in Rubelsanto. Ein Mann erklärte mir: "Viele haben Angst. Es heisst, es sei gefährlich, über das Unternehmen zu sprechen". Aber einige mutige BewohnerInnen und Arbeiter der Firma waren trotz allem bereit, mich bei meinen Recherchen zu unterstützen. Eine Person hat mir Fotos von alten Öltanks gezeigt. Sie waren rostig und liefen aus. Die Erde rund um die Tanks war von einer schwarzen Masse bedeckt. Mein Informant hatte die Fotos zwei Tage vor meiner Rückkehr nach Rubelsanto gemacht. Sie sind ein weiterer Beweis für die Verschmutzung. Doch jemand muss den lokalen Chefs der Ölfirma von der Existenz dieser Fotos berichtet haben, denn als ich an die Stelle kam, waren nur noch die Fundamente zu sehen, auf denen die Tanks gestanden hatten. Das Gebiet muss in einer Blitzaktion gesäubert worden sein. Schon bei meinem ersten Aufenthalt gab es weder Zäune noch Schilder, die mich vom Betreten der verschmutzten Stellen abgehalten hätten. Aber da die Geschichte für einigen Wirbel gesorgt hatte, erschien es mir diesmal angebracht, um Erlaubnis zu bitten. Der Verwalter der Ölstation aber wollte mir keine Bewilligung geben, die gereinigten Bohrlöcher anzuschauen. Im Gegenteil, er verbot mir ausdrücklich, das Gelände zu betreten. Ich entschied mich, in den Büros der Ölfirma in der Hauptstadt anzurufen. Vielleicht würden sie mir von dort aus eine Erlaubnis geben. Die Sekretärin des Präsidenten, Rodolfo Sosa, bat mich, persönlich vorbeizukommen: "Licenciado Sosa möchte mit Ihnen sprechen." Zwei Tage später traf ich Rodolfo Sosa. Er kam in Begleitung von zwei Männern, die sich als Anwälte vorstellten. Ich konnte das Gespräch nicht aufnehmen, habe aber unmittelbar danach ein Gesprächsprotokoll angefertigt. Rodolfo Sosa sagte mir, er fühle sich angegriffen durch meinen Artikel. "Sie haben sich öffentlich über mich lustig gemacht." Ich antwortete, dass es nicht meine Absicht gewesen sei, ihn persönlich anzugreifen. "Ich bin ein deutscher Journalist und mache nur meine Arbeit." Daraufhin erklärte Sosa, er halte meinen Artikel nicht für objektiv. "Wenn ich in Ihrem Land einen solchen Artikel veröffentlichen würde, wäre ich schon längst ausgewiesen worden." Nach oben |
Die Atmosphäre wurde unangenehm, ich begann mich unwohl zu fühlen, als wäre ich der Angeklagte vor einem Gericht. Ich fragte ihn: "Soll das eine Drohung sein?" Sosa verneinte. "Sie sind Journalist, Sie dürfen hier arbeiten." Einer der Anwälte liess mich die ganze Zeit über nicht aus den Augen. Plötzlich warnte er mich, ich solle an die Konsequenzen meines Handelns denken. "Es geht hier nicht einfach darum, einen Text zu schreiben. Das hat auch wirtschaftliche Folgen. Tatsächlich würde es mich freuen, wenn BASIC RECOURCES aufgrund meiner Reportage Geld in die Reinigung der Bohrlöcher investiert hätte. Ich sagte zu den Herren: "Die Verschmutzung des Öls hat Einfluss auf die Gesundheit vieler Menschen. Ausserdem besteht die Gefahr, dass Kinder in die Bohrlöcher fallen." Rodolfo Sosa antwortete mir: Wussten Sie, dass vor unserer Ankunft niemand in der Gegend wohnte? Die Leute, die dorthin gezogen sind, wussten, worauf sie sich einlassen." Müsste ich wohl einen Artikel schreiben, in dem ich die BewohnerInnen von Rubelsanto dafür kritisiere, in eine von den Ölmultis verschmutzte Gegend gezogen zu sein?! |
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